Ka­li­for­ni­en: Har­vey-Wein­stein-Pro­zess endet mit Schuld­spruch

Har­vey Wein­stein sitzt seit 2020 be­reits eine lang­jäh­ri­ge Haft wegen Se­xu­al­straf­ta­ten ab - jetzt kom­men wei­te­re Jahre hin­ter Git­ter dazu: zwölf Ge­schwo­re­ne in Ka­li­for­ni­en haben den ehe­ma­li­gen Hol­ly­wood-Mogul in drei An­kla­ge­punk­ten, dar­un­ter Ver­ge­wal­ti­gung, schul­dig ge­spro­chen.

Ein­mal Frei­spruch, drei­mal Mis­tri­al

Doch es war keine to­ta­le Nie­der­la­ge für den 70-jäh­ri­gen Wein­stein. In einem Fall wurde er frei­ge­spro­chen, in drei wei­te­ren An­kla­ge­punk­ten konn­ten sich die acht Män­ner und vier Frau­en nicht auf ein ein­stim­mi­ges Ur­teil ei­ni­gen. Für diese drei Vor­wür­fe, dar­un­ter Ver­ge­wal­ti­gung und er­zwun­ge­ner Oral­ver­kehr, stell­te die Rich­te­rin ein so­ge­nann­tes Fehl­ver­fah­ren ("Mis­tri­al") fest. Im Falle eines Schuld­spruchs in allen An­kla­ge­punk­ten droh­ten Wein­stein über 60 Jahre Haft. Laut Mit­tei­lung der Staats­an­walt­schaft sind nun im­mer­hin noch bis zu 24 Jahre Haft mög­lich. Das Straf­maß soll zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ver­kün­det wer­den. Wein­stein, im grau­en Anzug, habe den Kopf nach unten ge­senkt, als das erste Schul­d­ur­teil ver­le­sen wurde, be­rich­te­ten im Ge­richt an­we­sen­de Jour­na­lis­ten. Das seit Ok­to­ber lau­fen­de Ver­fah­ren dreh­te sich um sie­ben An­kla­ge­punk­te, dar­un­ter Ver­ge­wal­ti­gung und an­de­re se­xu­el­le Über­grif­fe.

Dras­ti­sche De­tails zu se­xu­el­len Über­grif­fen

Die Vor­wür­fe stamm­ten von vier Frau­en in einem Zeit­raum von 2004 bis 2013. Die meis­ten Über­grif­fe sol­len in Ho­tels in Be­ver­ly Hills statt­ge­fun­den haben. Teils unter Trä­nen und mit dras­ti­schen De­tails hat­ten die Klä­ge­rin­nen die an­geb­li­chen Über­grif­fe von Wein­stein be­schrie­ben. Nach Dar­stel­lung von Wein­steins Ver­tei­di­gern waren se­xu­el­le Hand­lun­gen ein­ver­nehm­lich oder ei­ni­ge der vor­ge­brach­ten Vor­wür­fe von den Frau­en frei er­fun­den. Wein­steins An­wäl­ten zu­fol­ge hät­ten die Klä­ge­rin­nen mit dem ein­fluss­rei­chen Film­pro­du­zen­ten Sex ge­habt, um in Hol­ly­wood wei­ter­zu­kom­men. Die Staats­an­walt­schaft hatte den An­ge­klag­ten als "de­ge­ne­rier­ten Ver­ge­wal­ti­ger" dar­ge­stellt, der seine Macht dazu be­nutzt habe, Frau­en nach­zu­stel­len und wie ein Raub­tier zu han­deln.

Schuld­spruch für Über­griff auf Jane Doe 1

Unter den Klä­ge­rin­nen war unter an­de­rem Jen­ni­fer Sie­bel, die jet­zi­ge Ehe­frau des ka­li­for­ni­schen Gou­ver­neurs Gavin New­som. Als an­ge­hen­de Schau­spie­le­rin und Pro­du­zen­tin habe sie 2005 mit Wein­stein über be­ruf­li­che Pro­jek­te spre­chen wol­len, sei aber dabei in einem Ho­tel­zim­mer von ihm ver­ge­wal­tigt wor­den, sagte sie im Zeu­gen­stand aus. In den bei­den An­kla­ge­punk­ten, die Sie­bel be­tra­fen, konn­te die Jury kein ein­stim­mi­ges Ur­teil fäl­len. Dies sei "ent­täu­schend" ge­we­sen, sagte Sie­bels An­wäl­tin Elizabeth Fegan in einer Mit­tei­lung. Die drei Schuld­sprü­che be­tra­fen ein als Jane Doe 1 um­schrie­be­nes Model, das im Zeu­gen­stand er­klärt hatte, sie sei im Fe­bru­ar 2013 für ein Film­fes­ti­val aus Rom nach Hol­ly­wood ge­reist. Wein­stein sei unter dem Vor­wand, reden zu wol­len, in ihr Ho­tel­zim­mer ge­kom­men. Er habe sie dort zum Oral­ver­kehr ge­zwun­gen und ver­ge­wal­tigt, sagte sie unter Trä­nen aus. "Har­vey ist na­tür­lich von dem Ur­teil ent­täuscht", sagte Wein­stein-Spre­cher Juda En­gel­may­er in einer Mit­tei­lung. Sie glaub­ten aber, dass der Fall von Jane Doe 1 in einem Be­ru­fungs­ver­fah­ren an­zu­fech­ten sei.

Haft­stra­fe von 23 Jah­ren für Fälle aus NY

Ein Pro­zess in New York wegen Ver­ge­wal­ti­gung und se­xu­el­ler Nö­ti­gung en­de­te 2020 mit einem Schuld­spruch in zwei von fünf An­kla­ge­punk­ten und einer Haft­stra­fe von 23 Jah­ren. Das Ver­fah­ren in New York mar­kier­te einen Mei­len­stein der Rechts­ge­schich­te, doch das letz­te Wort ist noch nicht ge­spro­chen. Wein­steins An­walts­team hat kürz­lich Be­ru­fung gegen die­ses Ur­teil ein­ge­legt. Eine Ent­schei­dung dar­über könn­te 2023 fal­len. Doch mit dem neu­er­li­chen Schuld­spruch dürf­te der einst mäch­ti­ge Hol­ly­wood-Mogul, der mit sei­ner Firma Er­folgs­fil­me wie "Der eng­li­sche Pa­ti­ent", "Pulp Fic­tion", "Good Will Hun­ting" oder "Gangs of New York" pro­du­zier­te, seine Hoff­nun­gen auf eine bal­di­ge Frei­las­sung auf­ge­ben.

Der An­fang von "Me too"

Vor fünf Jah­ren, im Ok­to­ber 2017, hat­ten die Schau­spie­le­rin Ash­ley Judd und an­de­re Frau­en erst­mals in einem in­ves­ti­ga­ti­ven «New York Times»-Ar­ti­kel öf­fent­lich aus­ge­packt. Wei­te­re Frau­en war­fen dann in einem Be­richt der Zeit­schrift "The New Yor­ker" Wein­stein se­xu­el­le Über­grif­fe vor. Der neue Film "She Said" der deut­schen Re­gis­seu­rin Maria Schra­der dreht sich um eben­die­se Ent­hül­lung des Wein­stein-Skan­dals durch zwei Jour­na­lis­tin­nen der "New York Times". Welt­weit sahen Be­trof­fe­ne ei­ge­ne Er­leb­nis­se in denen der mut­ma­ß­li­chen Wein­stein-Opfer wie­der. Unter dem Schlag­wort "Me too" ("Ich auch") fan­den sie öf­fent­lich Gehör - mit Fol­gen für wei­te­re ein­fluss­rei­che Leute, die an­ge­pran­gert, ge­feu­ert oder an­ge­klagt wur­den. Seit 2017 haben mehr als 80 Frau­en Wein­stein öf­fent­lich se­xu­el­le Über­grif­fe vor­ge­wor­fen.

Redaktion beck-aktuell, Barbara Munker, 20. Dezember 2022 (dpa).

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