Kabinett will Steuerrecht vereinfachen und Bürger weiter entlasten

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2022, eine Formulierungshilfe für einen Gesetzentwurf zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz und einen Gesetzentwurf zu Änderungen im Energie- und Stromsteuergesetz-Spitzenausgleich beschlossen. Mit dem Jahressteuergesetz sollen die Weichen für ein transparentes und faires Steuersystem gestellt werden, so das Bundesfinanzministerium (BMF).

Direkter Zahlungsweg über steuerliche Identifikationsnummer geplant

In der Abgabenordnung soll mit dem neuen JStG eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um einen direkten Auszahlungsweg unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer aufzubauen. Hierdurch soll eine bürokratiearme und zugleich betrugssichere Möglichkeit entstehen, künftige öffentliche Leistungen (wie beispielsweise das Klimageld) auf Grundlage der in der IdNr-Datenbank enthaltenen Daten direkt an die Bürgerinnen und Bürger auszuzahlen. Konkret soll nach Angaben des Bundesfinanzministeriums nun in § 139b AO eine rechtliche Grundlage für die Speicherung einer Kontoverbindung (IBAN) aller in Deutschland gemeldeter Bürgerinnen und Bürger in der IdNr-Datenbank für die Auszahlung künftiger öffentlicher Leistungen geschaffen werden. Die in der IdNr-Datenbank gespeicherte IBAN unterliege dabei einer engen Zweckbindung.

Entfristung und Anhebung der Homeoffice-Pauschale

Die steuerliche Geltendmachung von Aufwendungen für das Arbeiten von zu Hause soll zukünftig vereinfacht und vereinheitlicht sowie an die vielseitige Nutzung des Homeoffice angepasst werden. Die sogenannte Homeoffice-Pauschale in Höhe von fünf Euro pro Tag soll dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag von 600 Euro auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben werden. Ihr Abzug soll unabhängig davon möglich sein, ob die Tätigkeit in einer Arbeitsecke oder im häuslichen Arbeitszimmer erfolgt, und unabhängig davon, ob das Arbeitszimmer der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit ist oder ein anderer Arbeitsplatz existiert. Nach der geplanten Neuregelung werden bei Vorhandensein eines häuslichen Arbeitszimmers die Sachverhalte vereinfacht und stärker pauschaliert. Die Neuregelung soll die Bürgerinnen und Bürger dauerhaft jährlich um zusätzlich 1,4 Milliarden Euro entlasten, heißt es in der Mitteilung des Bundesfinanzministeriums.

Anhebung des AfA-Satzes für Abschreibung von Wohngebäuden

Der jährliche lineare AfA-Satz für nach dem 30.06.2023 fertiggestellte Gebäude, die Wohnzwecken dienen, soll von 2% auf 3% der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt werden. So werde ein Beitrag zur Unterstützung einer klimagerechten Neubauoffensive geleistet, erläutert das Ministerium.

Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023

Der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen werde – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen – bereits auf das Jahr 2023 vorgezogen, so das BMF weiter. Die vollständige Abzugsfähigkeit ab dem Jahr 2023 habe zur Folge, dass sich die als Sonderausgaben abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage im Jahr 2023 um 4% und im Jahr 2024 um 2% erhöhen. Dies werde für eine Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern steuermindernde Auswirkungen haben, kündigt das Bundesfinanzministerium an. Zugleich trage die Regelung langfristig dazu bei, eine "doppelte Besteuerung" von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden.

Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags und des "Ausbildungsfreibetrags"

Der Sparer-Pauschbetrag werde ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für Ehegatten/Lebenspartner erhöht. Bereits erteilte Freistellungsauträge sollen automatisch um knapp 25% erhöht werden. Die private Vorsorge soll damit gefördert werden. Der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes in Berufsausbildung (sogenannter Ausbildungsfreibetrag) wird nach der Neuregelung ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro je Kalenderjahr angehoben.

Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlages

Es sei zudem die Steuerfreistellung des von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung an berechtigte Rentnerinnen und Rentner ausgezahlten Grundrentenzuschlages vorgesehen. Der Grundrentenzuschlag verfolge die Zielsetzung, so das BMF, die Lebensleistung von Menschen anzuerkennen, die langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen pflichtversichert waren.

Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen

Steuerliche und bürokratische Hürden bei der Installation und dem Betrieb von Photovoltaikanlagen sollen künftig abgebaut werden. Vorgesehen sei neben der Ertragsteuerbefreiung die Erweiterung der Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen und die Einführung eines umsatzsteuerlichen Nullsteuersatzes.

Verpflichtung zu elektronischer Bereitstellung über Verwaltungsportale

Darüber hinaus will die Bundesregierung die gesetzliche Verpflichtung von Bund und Ländern, Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, für den Bereich der Umsatzsteuer umsetzen.

Verfahrensverbesserungen bei Riester-Förderung geplant

Zur Umsetzung der Vorgaben eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts wird laut BMF die Begrenzung des Spitzensteuersatzes auf 42% für die Gewinneinkünfte des Jahres 2007 rückwirkend aufgehoben. Geplant seien außerdem Verfahrensverbesserungen bei der Riester-Förderung. Hierdurch werde Bürokratie abgebaut und die Bürgerfreundlichkeit erhöht.

Weitgehende Abschaffung der Registerfallbesteuerung

Im Anwendungsbereich beschränkt steuerpflichtiger Einkünfte werde die Registerfallbesteuerung, nach der bislang Einkünfte aus Rechteüberlassungen bereits dann entstehen, wenn das Recht in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen ist, weitgehend für die Zukunft und in Drittlizenzfällen zudem rückwirkend abgeschafft. Gegenüber Steueroasen, die auf der sogenannten Schwarzen Liste der EU stehen, werde die Besteuerung aufrechterhalten.

Temporäre Senkung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Umsatzsteuersatz auf die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz vom 01.10.2022 bis 31.03.2024 auf 7% zu senken. Die Bundesregierung erwartet, dass die steuerpflichtigen Unternehmen diese Senkung 1:1 an die Bürgerinnen und Bürger weitergeben. Bei einer vollständigen Weitergabe werde eine entsprechende Preissenkung und damit eine spürbare Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger ermöglicht, erwartet das Finanzministerium.

Spitzenausgleich bei Strom- und Energiesteuer wird verlängert

Der Spitzenausgleich bei der Strom- und der Energiesteuer werde um ein weiteres Jahr verlängert. Dies habe der Koalitionsausschuss am 03.09.2022 beschlossen. Damit würden rund 9.000 energieintensive Unternehmen in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro entlastet, heißt es in der Mitteilung des Bundesfinanzministeriums. Unternehmen, die von diesem Spitzenausgleich profitieren, sollen Maßnahmen ergreifen, um den Verbrauch der Energie zu reduzieren.

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2022.