In vielen anderen Staaten längst Standard
Neben der Tonaufzeichnung soll auch eine Bildaufzeichnung möglich sein. Profitieren sollen nach den Plänen des Bundeskabinetts sämtliche Verfahrensbeteiligte. Sie erhielten ein verlässliches, objektives und einheitliches Arbeitsmittel zur Aufbereitung der Hauptverhandlung und könnten sich dadurch noch besser auf den Prozess konzentrieren. Darüber hinaus solle das Risiko noch weiter reduziert werden, dass ein Urteil auf falsch wahrgenommene oder erinnerte Aussagen in der Verhandlung gestützt wird. Gerade bei umfangreicheren Verfahren lägen Aussagen bei Abfassung des Urteils häufig schon Monate zurück. In vielen anderen Staaten, gerade auch in der EU, sei eine Dokumentation des Inhalts der Hauptverhandlung deshalb auch längst Standard. Die Inhaltsdokumentation erfolge häufig durch Audioaufzeichnung (beispielsweise in Estland, Litauen, Tschechien, Irland, Dänemark und Schweden) und teilweise auch durch Videoaufzeichnung, wie flächendeckend beispielsweise in Spanien.
Formalprotokoll soll erhalten bleiben
Im Fall technischer Schwierigkeiten räumt der Entwurf der Durchführung der Hauptverhandlung gegenüber der Verfügbarkeit der digitalen Dokumentation den Vorrang ein. Das sogenannte Formalprotokoll, das lediglich den äußeren Ablauf und die wesentlichen Förmlichkeiten der Hauptverhandlung verbindlich festhält, soll erhalten bleiben und den Verfahrensbeteiligten auch weiterhin zur Verfügung stehen. Die Aufzeichnung und das Transkript treten damit neben das Formalprotokoll und stehen den Verfahrensbeteiligten zusätzlich als Arbeitsmittel zur Verfügung.
Maßnahmen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte
Wie das Bundesjustizministerium mitteilte, misst der Entwurf dem Schutz der Persönlichkeitsrechte zentrale Bedeutung bei. Bereits bei der Aufnahme könne dem Schutz der Persönlichkeitsrechte Rechnung getragen werden, etwa durch die Möglichkeit einer technischen Verfremdung (beispielsweise Stimmverzerrung oder im Fall von Bildaufnahmen Verpixelung). Für die Verwendung der Aufzeichnung seien zudem technische Sicherungen vorzusehen, die dem Stand der Technik entsprechen. Eine Verbreitung oder Veröffentlichung der Aufzeichnungen werde mit Strafe bedroht. Es werde klargestellt, dass die Verwendung der Aufzeichnungen in der Revision zulässig, aber auf Evidenzfälle beschränkt ist.
Pilotierungsphase bis Anfang 2030 geplant
Die Einführungs- und Pilotierungsphase soll laut Justizministerium bis zum 01.01.2030 dauern. In dieser Phase könnten die Länder bestimmen, ab wann und an welchen Gerichten oder Spruchkörpern aufgezeichnet wird. Hinsichtlich der sogenannten Staatsschutzsenate soll die Aufzeichnungs- und Transkriptionspflicht bereits ab dem 01.01.2028 gelten, soweit diese in Ausübung von Gerichtsbarkeit des Bundes zuständig sind. Dies setze entsprechend vorgezogene Pilotierungen an den Staatsschutzsenaten voraus.