Kabinett beschließt zahlreiche Gesetzentwürfe

Das Bundeskabinett hat am 16.12.2020 zahlreiche Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht. Unter anderem beschlossen wurden Neuregelungen zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung, zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, im Bereich des Wertpapierrechts und für faire Verbraucherverträge. Verabschiedet wurde neben der Reform des Mietspiegelrechts zudem der Entwurf für ein IT-Sicherheitsgesetz 2.0. 

Qualitätsoffensive für Krankenhäuser

Die zentralen Ziele des beschlossenen Entwurfs eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) sind eine umfassende Qualitätsoffensive für die Krankenhäuser und bessere Leistungen für die Versicherten. Für mehr Qualität und Transparenz in der klinischen Versorgung sollen unter anderem Patientenbefragungen weiterentwickelt und insbesondere auch verstärkt digital durchgeführt werden. Qualitätsverträge sollen die bisherigen Qualitätszu- und -abschläge ersetzen. Die Refinanzierungsmöglichkeit der Krankenhäuser zur Qualitätssicherung soll verbessert werden: Klinische Sektionen zur Qualitätssicherung sollen künftig verlässlich und planbar über den Zuschlag für klinische Sektionen in angemessener Höhe refinanziert werden können. Einrichtungsbezogene Vergleiche im ambulanten und stationären Versorgungsbereich sowie von Rehabilitationseinrichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung sollen künftig veröffentlicht werden.

Bessere Leistungen für Versicherte

Auch die Krankenversicherten sollen profitieren: Der Anspruch auf Einholung einer Zweitmeinung wird für weitere planbare Eingriffe, die der G-BA festzulegen hat, vorgesehen. Ambulante und stationäre Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten sollen von Ermessens- in Pflichtleistungen umgewandelt werden. Erstmals wird ausdrücklich festgelegt, dass Menschen unabhängig vom Geschlechtseintrag im Fall einer Schwangerschaft und Mutterschaft Anspruch auf entsprechende Leistungen haben. Eine Informationspflicht für die Krankenkassen bei Überzahlung von Beiträgen wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze wird eingeführt. Die Anrechnung des Ehegatteneinkommens für gemeinsame und nicht gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder wird weiterentwickelt und das Verfahren der Beitragsbemessung bei nebenberuflich selbstständigen Pflichtversicherten in der GKV wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.

Entwurf für IT-Sicherheitsgesetz 2.0 beschlossen

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz 2.0) beschlossen. Das Gesetz regelt unter anderem den Schutz der Bundesverwaltung, kritischer Infrastrukturen (KRITIS), von Unternehmen im besonderen öffentlichen Interesse und den Verbraucherschutz. Letzte Änderungen am Gesetzentwurf wurden nach der Länder- und Verbändeanhörung vorgenommen, so etwa bei den Regelungen zur Detektion von Sicherheitslücken. Außerdem wurden die ursprünglich vorgesehenen Speicherpflichten für Systeme zur Angriffserkennung gestrichen.

Neuregelung zur Stärkung der Finanzmarktintegrität

Vom Bundeskabinett beschlossen wurde ferner der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG). Mit der geplanten Neuregelung soll das Bilanzkontrollverfahren und das Bilanzstraf- und Bilanzordnungswidrigkeitenrecht verschärft werden. Vorgesehen sind zudem strengere Regeln für die Abschlussprüfung. Auch die internen Kontrollen in den Unternehmen sollen ausgeweitet werden. Der Entwurf sieht zudem die Erweiterung der Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gegenüber Unternehmen mit wesentlichen Bankfunktionen vor. Um schon den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, soll außerdem der private Handel der BaFin-Beschäftigten in Finanzinstrumenten weitgehend begrenzt werden. Zum Schutz der Anleger sollen Geschäftsmodelle, bei denen eine Anlage in Edelmetallen und am Ende der Laufzeit eine Auskehrung mit Verzinsung erfolgt, als Vermögensanlage eingestuft werden und damit zukünftig der Prospektpflicht unterfallen. Geplant ist außerdem die Verbesserung der Qualität von Börsensegmenten und Informationsaustausch und die Erweiterung der Befugnisse für die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen.

Gesetzentwurf zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes

Nach dem Gesetzentwurf zur Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes sollen kleine Elektroaltgeräte unabhängig vom Neukauf eines Produkts in Supermärkten zurückgenommen werden. Größere Altgeräte sollen beim Kauf eines entsprechenden, neuen Artikels abgegeben werden können. Die Gesetzesänderung soll bisherige Lücken schließen, damit Onlinehändler ihren Kunden auch wirklich bei jedem Kauf von neuen Elektrogeräten eine kostenlose Abholung und Entsorgung der alten Geräte aktiv anbieten.

Kabinett beschließt Gesetz für faire Verbraucherverträge

Das Bundeskabinett hat am 16.12.2020 zudem den Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, die Position der Verbraucher gegenüber Unternehmern zu verbessern. Vorgesehen sind zusätzliche Bedingungen für die Wirksamkeit längerer Vertragslaufzeiten und die Wirksamkeit automatischer Vertragsverlängerungen. Der Entwurf beinhaltet zudem ein Textformerfordernis für Energielieferverträge, Dokumentationspflichten für Telefonwerbung und Neuregelungen zur Unwirksamkeit von Abtretungsverboten für Geldforderungen.

Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten

Das Bundeskabinett hat außerdem den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten beschlossen. Mit dem Gesetzentwurf werden europäische Vorgaben in nationales Recht umgesetzt. Dazu wird ein neues Gesetz, das Wertpapierinstitutsgesetz (WpIG), geschaffen. Dabei sind die Regelungen so angelegt, dass es proportional zur Größe der Wertpapierinstitute zu einer intensiveren Beaufsichtigung durch die BaFin kommt.

Mietspiegelrecht wird reformiert

Bestätigt wurde die Reform des Mietspiegelrechts. Das Kabinett hat dafür den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Mietspiegelrechts (Mietspiegelreformgesetz – MsRG) und die Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel (Mietspiegelverordnung – MsV) verabschiedet.

Einführung elektronischer Wertpapiere beschlossen

Beschlossen wurde zudem der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren. Damit soll das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere geöffnet werden. Die Papierform soll ersetzt werden durch eine Eintragung entweder in ein bei einem Zentralverwahrer oder einer Depotbank geführtes Register (Zentralregisterwertpapier) oder in dezentrale, auf der Blockchain-Technologie basierende, sogenannte Kryptowertpapierregister (Kryptowertpapier).

Neufassung des BND-Gesetzes

Nach einer am 16.12.2020 ebenfalls beschlossenen Neufassung des BND-Gesetzes soll der Bundesnachrichtendienst (BND) künftig beim technischen Ausspähen von Ausländern außerhalb Deutschlands stärker kontrolliert werden. Die Reform war aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2020, 2235) nötig geworden. Konkret geht es um die Vorschriften für die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung im Ausland.

Tattoos und Haare: Neue Regeln für Beamte

Nach einem weiteren vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf soll die Möglichkeiten zum Tragen einer Tätowierung für Polizisten und Soldaten eingeschränkt werden. Das Tragen sichtbarer Tätowierungen, Schmuck oder einer bestimmten Haartracht kann nach der geplanten Neuregelung vom Dienstherrn untersagt werden, wenn "die amtliche Funktion" eines Beamten beeinträchtigt wird. Beamte sollen außerdem künftig etwa mehr Freizeitausgleich für Dienstreisen bekommen. Reisezeiten, die über die tägliche Arbeitszeit hinausgehen, werden dann ab der ersten Minute angerechnet statt – wie bisher – erst ab der 16. Stunde. Darüber hinaus wird die Möglichkeit erweitert, Überstunden auf Langzeitkonten anzusparen.

Moderneres Telekommunikationsgesetz

Verabschiedet wurde auch der Entwurf eines Telekommunikationsmodernisierungsgesetzes, mit dem das Telekommunikationsgesetz
vollständig überarbeitet und neu gefasst wird. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation, der Ende 2018 in Kraft getreten ist. Er stellt die Weichen für einen modernisierten Telekommunikationsrechtsrahmen.

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2020.