Kabinett beschließt Gesetz für fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung

Der Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen soll künftig fairer ausgestaltet werden. Das ist das Ziel des "Gesetzes für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-FKG), dem das Kabinett am 09.10.2019 zugestimmt hat. Das Gesetz soll voraussichtlich im Frühjahr 2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.

Reform der Beziehungen der Kassenarten untereinander

Verwerfungen im Wettbewerb, die durch die historisch entstandenen Haftungsregelungen verursacht sind, sollen nach dem Gesetzentwurf beseitigt werden. Heute würden bei der Auflösung, Schließung oder Insolvenz einer Kasse zuerst die anderen Krankenkassen der gleichen Kassenart zahlen, heißt es in der Mitteilung des Bundesgesundheitsministeriums. Künftig werde die Last fair verteilt unter allen Krankenkassen. Auch die Verhaltensregeln für den Wettbewerb und insbesondere für Werbemaßnahmen sollen künftig klarer und verbindlicher definiert werden. Unterlassungsansprüche und Rechtsschutzmöglichkeiten der Krankenkassen untereinander bei wettbewerbswidrigem Verhalten werden nach der geplanten Neurgegelung ausgeweitet. Um eine engere und transparentere Anbindung an das operative Geschäft der Krankenkassen zu unterstützen, würden die Strukturen des GKV-Spitzenverbandes weiterentwickelt. Dazu werde ein neuer Lenkungs- und Koordinierungsausschuss geschaffen, der mit Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt sei, so das Ministerium. Künftig soll es auch eine Frauenquote in den Entscheidungsgremien geben.

Mehr Transparenz zwischen Aufsichtsbehörden

Die bisher geltenden Rahmenbedingungen für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenkassen würden konkretisiert, um Transparenz, Abstimmung und Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden auf Bundes- und Landesebene zu stärken.

Zielgenauere Ausgestaltung des Finanzausgleichs

Regionale Über- und Unterdeckungen im Finanzausgleich sollen abgebaut und somit gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Krankenkassen geschaffen werden. Zudem soll durch die Regionalkomponente der Marktkonzentration einzelner Kassen entgegengewirkt werden. Künftig soll das gesamte Krankheitsspektrum (statt bisher 50 bis 80 Krankheiten) im Risikostrukturausgleich (RSA) berücksichtigt werden (Krankheits-Vollmodell). Das erhöhe die Zielgenauigkeit des Finanzausgleichs und verringere Über- und Unterdeckungen für den Großteil der Versicherten. Hochkostenfälle sollen dadurch abgefedert werden, dass die Krankenkassen für jeden Leistungsfall 80% der Leistungsausgaben erstattet bekommen, die über 100.000 Euro pro Jahr hinausgehen (Risikopool). Die Präventionsorientierung im RSA werde gestärkt, indem eine Vorsorge-Pauschale eingeführt wird. Damit werde der Anreiz für Krankenkassen gestärkt, die Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen ihrer Versicherten zu fördern (Präventionsausgaben). Vorgesehen sei zudem die versichertenindividuelle Berücksichtigung von Arzneimittelrabatten. Systematische Über- und Unterdeckungen sollen vermieden und Wettbewerbsverzerrungen beseitigt werden. Wirtschaftlichkeitsanreize zum Abschluss von Rabattverträgen durch die Krankenkassen blieben erhalten.

Stärkung der Manipulationsresistenz

Versuche einzelner Krankenkassen, die Diagnosestellung der Ärzte zu beeinflussen, sollen durch die Stärkung der Manipulationsresistenz gestoppt werden. Eine Manipulationsbremse soll sicherstellen, dass sich eine sogenannte "Kodierbeeinflussung" künftig nicht mehr lohnt. Wenn die Diagnosekodierungen bei bestimmten Krankheiten auffällig stark steigen, würden alle Krankenkassen hierfür keine Zuweisungen mehr bekommen. Die Prüfkompetenzen des Bundesversicherungsamtes (BVA) würden zudem deutlich erweitert: Das neue Prüfkonzept mit einer Umkehr der Beweislast sei rückwirkend ab dem Jahr 2013 anzuwenden. Es werde eine Vertragstransparenzstelle für Selektivverträge der Krankenkassen eingerichtet, um Transparenz über Verträge zu schaffen und Zusammenhänge mit statistischen Auffälligkeiten in den RSA-Datenmeldungen erkennen zu können.

Pauschaler Ausgleich etwaiger nicht refinanzierter Tarifsteigerungen für Pflegepersonal

Um in den Jahren 2018 und 2019 etwaige nicht refinanzierte Tarifsteigerungen in der Pflege zu finanzieren, sollen die Krankenhäuser im kommenden Jahr einmalig 250 Millionen Euro erhalten. Die zusätzlichen Mittel sollen den Krankenhäusern schnell und ohne relevanten zusätzlichen bürokratischen Aufwand zur Verfügung gestellt werden. Die Mehrausgaben würden den Krankenkassen durch eine einmalige Entnahme aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds kompensiert.

Abbau überhöhter Finanzreserven

Mit dem Kabinettbeschluss werden außerdem die Weichen dafür gestellt, dass der im Versichertenentlastungsgesetz bereits vorgesehene Abbau überschüssiger Finanzreserven ab dem 01.01.2020 beginnen kann.

Redaktion beck-aktuell, 10. Oktober 2019.