Justizumbau in Israel: Regierung warnt Oberstes Gericht
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Das Oberste Gericht Israels berät am Dienstag über Petitionen gegen ein Gesetz, das ihm die Möglichkeit nimmt, gegen "unangemessene" Regierungsentscheidungen vorzugehen. In einer Stellungnahme betonte die Regierung, sie halte das Gericht nicht für befugt, über verfassungsähnliche Gesetze zu entscheiden.

Die Legitimität der Behörden komme vom israelischen Volk, das wiederum das Parlament wählt. "Die Justiz hat kein Recht, sich über die Souveränität des Staates zu stellen."

Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treibt seit Monaten einen höchst umstrittenen Umbau der Justiz voran. Bereits Anfang August hatte sich das Oberste Gericht mit Petitionen gegen ein Gesetz befasst, das es künftig deutlich schwerer macht, einen Ministerpräsidenten für amtsunfähig zu erklären.

Staatskrise möglich

Der Staat Israel hat keine Verfassung und fußt auf einer Sammlung von Grundgesetzen. Bei der im Parlament beschlossenen Abschaffung des sogenannten Angemessenheitsstandards handelt es sich um eine Änderung eines dieser Grundgesetze. In Israels Geschichte wurde bisher noch nie ein vergleichbares Gesetz vom Obersten Gericht einkassiert. Sollte dies nun geschehen und die Regierung die Entscheidung nicht akzeptieren, droht dem Land eine Staatskrise. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist noch unklar. Es wird erwartet, dass die Beratungen mehrere Wochen dauern.

Netanjahu legte sich bisher noch nicht öffentlich fest, ob er sich an die Entscheidung des Gerichts halten wird. Am Mittwoch teilte er jedoch einen Beitrag von Parlamentssprecher Amir Ohana auf X, vormals Twitter, in dem Ohana andeutete, dass die Regierung eine Aufhebung nicht akzeptieren werde. Die Knesset werde es nicht dulden, mit Füßen getreten zu werden, schrieb Ohana. Das Gericht müsse seine "Grenzen der Macht" erkennen. Mehrere Minister sagten dagegen am Sonntag vor einer Kabinettssitzung, sie werden die Entscheidung des Gerichts respektieren.

Massenproteste in Tel Aviv

Mehr als Hunderttausend Israelis haben gegen den umstrittenen Umbau der Justiz demonstriert. An der zentralen Kundgebung in Tel Aviv nahmen Medienberichten zufolge am Samstagabend mehr als 118.000 Menschen teil. Die Organisatoren gaben die Zahl mit 140.000 an. Auch in weiteren Orten Israels kam es zu Protesten. Auf Plakaten war etwa zu lesen: "Das Gericht hat das Sagen" oder "Ohne das Oberste Gericht gibt es keine Demokratie"

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. September 2023 (dpa).