Bulgarien hat ein auf die organisierte Kriminalität und Korruption spezialisiertes, aber umstrittenes Gericht abgeschafft. Das Parlament in Sofia verabschiedete am Donnerstag in zweiter und damit letzter Lesung entsprechende Novellen des Gerichtswesen-Gesetzes. Damit wurde das seit 2011 arbeitende "Anti-Mafia-Gericht" im Rahmen einer Justizreform des seit Ende 2021 regierenden liberal-sozialistischen Koalitionskabinetts geschlossen.
Abschaffung bleibt umstritten
Dieses Gericht aus der Ära des früheren Ministerpräsidenten Boiko Borissow (GERB) sei nicht wirksam und seine Praxis politisch motiviert gewesen, begründete die Regierungsmehrheit die Schließung.
Borissows bürgerliche Partei GERB widersetzte sich der Abschaffung des "Anti-Mafia-Gerichts". Dieser Schritt sei im Interesse von "oligarchischen Kreisen, und nicht der bulgarischen Bürger", warnten GERB-Redner während der Parlamentsdebatte. Bulgarien ist seit 2007 EU-Mitglied, steht aber wegen Mängeln bei der Justiz und der Bekämpfung der Korruption weiter unter Beobachtung aus Brüssel. Eine EU-Mission in Sofia stellte erst am Mittwoch Mängel beim Umgang mit EU-Fördergeldern und bei der Korruptionsbekämpfung fest.
Redaktion beck-aktuell, 19. April 2022 (dpa).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Schrameyer, Es gibt noch Richter in Bulgarien, WiRO 2020, 259
Nußberger, Justiz – die „sensible Gewalt“, NJW 2020, 3294
Priebe, Forderung der Kommission nach verstärkter Korruptionsbekämpfung, EuZW 2014, 241
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Europaausschuss: Alle Fraktionen für EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 19.05.2006, becklink 181814