Jus­tiz­mi­nis­ter der Län­der wol­len Vi­deo­ver­neh­mun­gen auch bei her­an­wach­sen­den und er­wach­se­nen Op­fern von Se­xu­al­de­lik­ten prü­fen

Die Jus­tiz­mi­nis­ter der Län­der haben auf ihrer Jus­tiz­mi­nis­ter­kon­fe­renz be­schlos­sen zu prü­fen, ob Vi­deo­ver­neh­mun­gen zur Ver­mei­dung von Mehr­fach­ver­neh­mun­gen bei Op­fern von Se­xu­al­de­lik­ten auch auf her­an­wach­sen­de und er­wach­se­ne Opfer aus­ge­wei­tet wer­den kön­nen. Dies teil­te das nie­der­säch­si­sche Jus­tiz­mi­nis­te­ri­um am 23.06.2017 mit. Ak­tu­ell ist dies nur bei kind­li­chen und ju­gend­li­chen Op­fern von Se­xu­al­de­lik­ten zu­läs­sig.

Mehr­fach­ver­neh­mun­gen sol­len bei Op­fern von Se­xu­al­de­lik­ten ver­mie­den wer­den

Ziel ist es, Opfer von Se­xu­al­de­lik­ten schon im Er­mitt­lungs­ver­fah­ren rich­ter­lich ver­neh­men zu las­sen und diese Ver­neh­mung in Bild und Ton auf­zu­zeich­nen. Das Video kann dann spä­ter in die Haupt­ver­hand­lung ein­ge­führt wer­den und auf diese Weise eine er­neu­te Ver­neh­mung der Zeu­gin oder des Zeu­gen ver­mie­den wer­den. Nach der­zeit gel­ten­dem Recht ist das Ab­spie­len der Bild-Ton-Auf­nah­men in der Haupt­ver­hand­lung an Stel­le einer er­neu­ten Ver­neh­mung nur bei Zeu­gen mög­lich, die unter 18 Jahre alt sind oder dies zum Zeit­punkt der Tat noch waren.

Nie­der­säch­si­sche Jus­tiz­mi­nis­te­rin: "Braun­schwei­ger Mo­dell" zur Vi­deo­ver­neh­mung kind­li­cher und ju­gend­li­cher Op­fer­zeu­gen hat sich be­währt

Nie­der­sach­sens Jus­tiz­mi­nis­te­rin Antje Nie­wisch-Lenn­artz (Bünd­nis 90/Die Grü­nen) er­klär­te am Rande der Jus­tiz­mi­nis­ter­kon­fe­renz, dass sich die Vi­deo­ver­neh­mung im Land­ge­richts­be­zirk Braun­schweig bei kind­li­chen und ju­gend­li­chen Op­fer­zeu­gen ("Braun­schwei­ger Mo­dell") be­währt habe. Sie sei be­reits in mehr als 100 Fäl­len zum Ein­satz ge­kom­men. "In kei­nem ein­zi­gen Fall muss­ten die Opfer er­neut im Ge­richts­ver­fah­ren aus­sa­gen. Dies dient in ers­ter Linie dem Schutz der Opfer, denen eine neu­er­li­che Ver­neh­mung und das Zu­sam­men­tref­fen mit dem Täter oder der Tä­te­rin im Ge­richts­saal er­spart blei­ben." Zum an­de­ren pro­fi­tie­re aber auch die Straf­ver­fol­gung, da die Opfer in der Ver­neh­mung di­rekt nach der Tat mehr Emo­tio­nen zeig­ten als bei der oft erst Mo­na­te spä­ter statt­fin­den­den Ge­richts­ver­hand­lung. Dies habe in einer Viel­zahl der Fälle die Ge­ständ­nis­be­reit­schaft der Täter - kon­fron­tiert mit die­sen Emo­tio­nen - deut­lich er­höht.

"Braun­schwei­ger Mo­dell"

Beim "Braun­schwei­ger Mo­dell" wer­den kind­li­che und ju­gend­li­che Opfer von Se­xu­al­de­lik­ten be­reits im Er­mitt­lungs­ver­fah­ren rich­ter­lich ver­nom­men. Die Ver­neh­mung wird auf­ge­zeich­net. Nur der Er­mitt­lungs­rich­ter ist in dem kind­ge­recht ein­ge­rich­te­ten Ver­neh­mungs­zim­mer an­we­send. Um die Rech­te der an­de­ren Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten zu wah­ren, ver­fol­gen diese die Ver­neh­mung in einem Ne­ben­zim­mer und kön­nen Fra­gen über den Er­mitt­lungs­rich­ter stel­len las­sen. Spä­ter kann diese Ver­neh­mung in der Haupt­ver­hand­lung ab­ge­spielt und so ein­ge­führt wer­den. Es bleibt aber dabei, dass im Ein­zel­fall eine er­gän­zen­de Ver­neh­mung von Zeu­gen in der Haupt­ver­hand­lung zu­läs­sig ist (s. § 255a Abs. 2 Satz 4 StPO).

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2017.

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