Juristinnenbund will geschlechtergerechtere Opferentschädigung

Die berufsschadensrechtlichen Regelungen des geltenden Opferentschädigungsrechts bewirkten geschlechterspezifische Diskriminierungen. Das meint der Deutsche Juristinnenbund und regt an, die Berufsschadensausgleichsverordnung geschlechtergerecht weiterzuentwickeln. 

Der Berufsschadensausgleich soll Opfer von Gewalt für Einkommensausfälle kompensieren. Für seine Bemessung werde aber eine fiktive Betrachtung des Werdegangs zugrunde gelegt, die sich für Frauen aufgrund geschlechtsspezifischer Lebensläufe und geschlechterstereotyper Zuschreibungen nachteilig auswirke, erklärte die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb), Maria Wersig. Die Prognosen unterstellten einen fiktiven "linearen Bildungsweg, der jäh durch das oder die schädigenden Ereignisse durchbrochen wird". So fielen die Ansprüche von Frauen geringer aus, manchmal entfalle ihr Anspruch sogar vollständig. 

Der djb fordert deshalb u.a., die Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) anzupassen. Für die Berechnung dürfe nicht mehr unterstellt werden, dass Mütter in Teilzeit arbeiten. Fort- und Weiterbildungen sollten ebenso berücksichtigt werden wie zweite und dritte Bildungswege. Außerdem sollte nach Auffassung der Juristinnen das orts- und branchenübliche Lohnniveau maßgeblich sein, nicht wie aktuell das Einkommen, das die Gewaltopfer vor dem schädigenden Ereignis erzielt haben. 

"Die BSchaV gleichstellungsrechtlich nachjustieren"

Daraus, dass Frauen, die Carearbeit leisten, ihre Aus- und Bildungsgänge unterbrächen oder erst später aufnähmen, folgt laut Wersig die Prognose, dass sie beruflich nicht aufsteigen würden. Darüber hinaus erhalten Gewaltopfer laut djb keinen Ausgleich, wenn das Schadensereignis schon längere Zeit zurückliegt und "dem weiblich konnotierten Berufsbild erst später ein klassischer Ausbildungsgang zugrunde gelegt wurde". Frauen mit Kindern würde zumeist ein Teilzeitjob prognostiziert, hinzu komme der allgemeine Gender-Pay-Gap.

Für Cara Röhner, Vorsitzende der Kommission für Recht der sozialen Sicherung, Familienlastenausgleich beim djb  können diese diskriminierenden Faktoren über verordnungsrechtliche Maßgaben für eine geschlechtergerechte Durchführung des Berufsschadensausgleichs aufgelöst werden. "Der djb regt daher eine gleichstellungsrechtliche Nachjustierung der BSchaV an."

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz/Pia Lorenz, 16. August 2023.