Jurist: Weiterverbreiten eines Haftbefehls im Netz ist strafbar

Wer einen Haftbefehl im Netz teilt, macht sich einem Experten zufolge strafbar und muss mit Schadenersatzforderungen rechnen. "Wer so ein Dokument im Internet verbreitet, macht sich genauso strafbar wie derjenige, der das Material weitergibt", sagte Medienrechtler Ernst Fricke von der Katholischen Universität Eichstätt im Zusammenhang mit einem veröffentlichten Haftbefehl zum Fall Chemnitz am 29.08.2018 der Deutschen Presse-Agentur.

Verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen

Eine derartige Veröffentlichung sei eine verbotene Mitteilung über Gerichtsverhandlungen nach § 353d StGB und werde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft. Hinzu komme, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aller im Haftbefehl genannten Personen durch die Veröffentlichung verletzt werde. Wer einen Haftbefehl im Netz teile, mache sich deswegen auch schadenersatzpflichtig.

Rechtspopulistische Gruppe teilte Haftbefehl

Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt wegen eines im Internet veröffentlichten Haftbefehls zum Fall Chemnitz. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hält das Dokument eigenen Angaben zufolge für authentisch. Es betrifft einen 22 Jahre alten Iraker. Er steht im Verdacht, gemeinsam mit einem 23-jährigen Syrer am 26.08.2018 am Rande des Stadtfestes in Chemnitz einen 35 Jahre alten Deutschen erstochen zu haben. Der Haftbefehl kursierte seit dem 28.08.2018 auf verschiedenen Plattformen. Unter anderen hatte ihn die rechtspopulistische Gruppe "Pro Chemnitz" geteilt.

Ermittlungen auch wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen

Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es um den Vorwurf, Dienstgeheimnisse verletzt zu haben, wie das sächsische Justizministerium mitteilte. In diesem Fall wären die möglichen Strafen noch höher. Sollte ein Justizbeamter den Haftbefehl weitergeben haben, könnte das laut Fricke zur Konsequenz haben, dass dieser entlassen werde, weil ein gravierender Geheimnisverrat vorliege.

Redaktion beck-aktuell, 29. August 2018 (dpa).

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