Juraprofessor: Lkw-Nachtfahrverbot in Tirol verstößt gegen EU-Recht

Das Lkw-Nachtfahrverbot auf der Tiroler Inntal-Autobahn verstößt nach einem Rechtsgutachten des Innsbrucker Professors Peter Hilpold gegen EU-Recht. Der freie Warenverkehr auf einer der wichtigsten Transitrouten Europas werde damit unzulässig eingeschränkt, sagte Hilpold am 21.09.2021 auf einer Pressekonferenz der Handelskammer Bozen.

Ziel der Verbesserung der Luftqualität wird nicht erreicht

Die Luftqualität im Inntal werde durch die Maßnahme nicht wie behauptet verbessert, weil der Verkehr nur von der Nacht auf den Tag verlagert werde, mit zusätzlichen Staus. Dass zudem den Tiroler Frachtunternehmen nächtliche Transporte weiterhin erlaubt blieben, selbst mit älteren Dieselfahrzeugen, diskriminiere die Wettbewerber und verstoße ebenfalls gegen EU-Recht, sagte Hilpold.

Branchenverband fordert Unternehmen zur Klage auf

Der Vizepräsident der italienischen Handelskammer, Antonio Paoletti, sagte: “Das Schweigen der EU-Kommission ist unverständlich.“ Der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt, forderte sie im Namen aller Transportunternehmen auf, beim Europäischen Gerichtshof Klage wegen Verletzung der EU-Verträge einzureichen. Betroffene Unternehmen könnten nur nationale Gerichte anrufen, aber der Gang durch alle Instanzen bis zum EuGH sei sehr langwierig.

EU-Abgeordneter Ferber kritisiert “maßgeschneiderte Ausnahmen“ für Tiroler Unternehmen

Der Vorschlag Österreichs, die Lkw-Transporte auf die Schiene zu verlagern, sei mangels Kapazität bei der Bahn gar nicht zu erfüllen, sagten Engelhard und Thomas Baumgartner von der Handelskammer Bozen. Bis zu Fertigstellung des Brenner-Basistunnels werde es noch Jahre dauern. Der Augsburger Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) sagte: "Das Land Tirol betreibt diese Salamitaktik der Europarechtsverstöße seit Jahren und die EU-Kommission schaut zu." Tiroler Transportunternehmern profitierten durch "maßgeschneiderte Ausnahmen" vom Nachtfahrverbot im Wettbewerb mit deutschen und italienischen Unternehmen.

Redaktion beck-aktuell, 21. September 2021 (dpa).