Jura gehört bei jungen Menschen zu den gefragtesten Studiengängen. Die Rechtswissenschaften stehen nach den BWLern und dem Fach Informatik auf dem dritten Platz. Insgesamt 116.683 Jurastudierende waren im Wintersemester 2022/2023 deutschlandweit an den Universitäten eingeschrieben – ein leichter Rückgang im Vergleich zu den letzten Jahren, aber immer noch gewaltig.
Auf Bundesebene werden die Interessen der Jurastudierenden dabei vom Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. vertreten. Die 2012 gegründete Initiative setzt sich für die Interessen der Jurastudierenden in ganz Deutschland ein.
Bereits in einer Zwischentagung im Jahr 2021 befasste sich die Bundesfachschaft Jura mit dem Thema Diversität im Jurastudium. Im Rahmen eines Workshops ging es nicht nur um die Geschlechtergerechtigkeit, sondern es wurden auch FLINTA* (Personen, die von Marginalisierung betroffen sind) und Angehörige des LGBTQIA+ Spektrums berücksichtigt. Themen waren die Geschlechtergerechtigkeit in der Ausbildung, in der Berufswelt und das geschlechterneutrale Recht. Anknüpfend an die damaligen Erkenntnisse veranstaltet die Bundesfachschaft Jura jetzt eine Umfrage, um eine aussagekräftige Datengrundlage zu schaffen.
Neue Blickwinkel eröffnen
"Diversität in der juristischen Ausbildung trägt dazu bei, stereotype Denkmuster zu durchbrechen und schafft Raum für innovative rechtliche Lösungen, die den Bedürfnissen einer pluralistischen Bevölkerung gerecht werden. Außerdem eröffnet Diversität neue Blickwinkel auf die vielfältigen Fragestellungen in der Rechtswissenschaft", so Kira Kock, Vorsitzende a.D. und Leiterin des Arbeitskreises Umfragen des Bundesverbands rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V.
Neben dem persönlichen sowie bildungsspezifischen Hintergrund der Eltern geht die Umfrage auch auf die Verantwortung der Studierenden für pflegebedürftige Angehörige und Kinder ein. Im zweiten Teil werden persönliche Diskriminierungserfahrungen an der Universität abgefragt. Dabei geht es sowohl um die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung als auch um Diskriminierungen aufgrund der Herkunft, der religiösen Orientierung sowie (körperlicher oder psychischer) Beeinträchtigungen. Eine Teilnahme an der Umfrage ist bis Ende Februar möglich. Die Ergebnisse wird die Bundesfachschaft Jura im 2. oder 3. Quartal 2024 öffentlich vorstellen.
Integrierter Bachelor und Co. auch im Ländle?
Doch ein weiteres Thema brennt angehenden Juristinnen und Juristen unter den Nägeln: Die Studienbedingungen und eine mögliche Reform der juristischen Ausbildung. Zuletzt hatte eine groß angelegte Umfrage des Bündnisses zur Reform der Juristischen Ausbildung e.V. in diesem Bereich große Wellen geschlagen. Die Initiative hatte rund 250 Reformvorschläge aus den letzten 20 Jahren ausgewertet und 44 Thesen zur Abstimmung gestellt. Knapp 12.000 Menschen aus dem Jurauniversum nahmen im Jahr 2022 an der Umfrage teil – darunter Studierende, Referendare, Menschen aus der Justiz, aus der Anwaltschaft sowie der Lehre. Die Ergebnisse wurden im Mai 2023 in der iur.reform-Studie veröffentlicht. Damit gab es erstmals eine umfassende Datengrundlage für die Diskussion weiterer Reformansätze.
Einen ähnlichen Weg geht jetzt der Landesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften Baden-Württembergs e.V. Das Bundesland war zuletzt vor allem wegen der Abschaffung der Ruhetage im ersten Staatsexamen in die Kritik geraten. Zudem gehört Baden-Württemberg zu einem der wenigen Bundesländer, in denen die Einführung des E-Examens eher zögerlich voranschreitet.
Bestimmte Reformbemühungen werden deswegen auch in der Umfrage der Landesfachschaft abgeklopft. Sie will wissen, was die Studierenden von der Einführung eines integrierten Bachelors halten. Außerdem werden Zustimmungswerte zum sogenannten "Abschichten" abgefragt, das in anderen Bundesländern bereits möglich ist. Zuletzt will die Landesfachschaft ein Meinungsbild zum E-Examen erstellen. Das Justizministerium Baden-Württemberg versprach den rund 1.200 Rechtsreferendaren im Land eine Umsetzung des E-Examens im zweiten Staatsexamen bis Dezember diesen Jahres. Für das erste Staatsexamen sollen die digitalen Klausuren aber frühestens im Jahr 2026 kommen.
Die Idee zu der Umfrage wurde auf der Landesfachschaftstagung in Heidelberg im Herbst 2023 geboren, an der Ortsfachschaften aus Heidelberg, Freiburg und Mannheim teilnahmen. Die Ergebnisse sollen ausgewertet werden und der Landesfachschaft als Datengrundlage für ihr weiteres Vorgehen dienen – so stehe man bereits jetzt im Austausch mit dem Landesjustizprüfungsamt und bemühe sich auch um ein Gespräch mit Landesjustizministerin Marion Gentges (CDU). Denn bestimmte Themen könnten nur auf Landesebene angegangen und umgesetzt werden.
Engagement fördern
"Die Umfrage ist uns als Landesfachschaft besonders wichtig, weil sie allen Studierenden die Möglichkeit gibt, ihre Meinung zu äußern und uns ermöglicht, diese mit Nachdruck zu vertreten", erklärt Florentia Spiecker genannt Döhmann, Vorsitzende der Landesfachschaft Baden-Württemberg.
Apropos ehrenamtliches Engagement: In eigener Sache fragt die Landesfachschaft Baden-Württemberg auch ab, welche fachschaftlichen Veranstaltungsformate sich die Studierenden im Ländle wünschen. Zudem wird das Interesse der Jurastudierenden an einer Freischussregelung für fachschaftliches (und anderweitiges) Engagement untersucht. Denn eine gute Juristenausbildung lebt auch vom Engagement der Studierenden.
Die
Autorin Jannina Schäffer ist Gründerin und Chefredakteurin des Online Magazins
"JURios – kuriose Rechtsnachrichten".
Die Volljuristin promoviert berufsbegleitend an der Deutschen Hochschule der
Polizei.