AfD-Flügel und Junge Alternative dürfen als Verdachtsfälle bezeichnet werden

Das Bundesinnenministerium darf sowohl die "Junge Alternative für Deutschland" als auch den sogenannten "Flügel" als Verdachtsfälle in den Verfassungsschutzbericht des Bundes 2019 aufnehmen. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin am 28.05.2020 in zwei Eilverfahren entschieden. Außerdem dürfe die Zahl der Mitglieder in der Kategorie "Personenpotenzial/Rechtsextremismuspotenzial" im Bericht aufgeführt werden.

Gegen die Menschenwürde verstoßendes Volks- und Menschenbild

Der Verfassungsschutzbericht des Bundes informiert die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Dabei dürfe, so die Kammer, bereits in einer Verdachtsphase berichtet werden. Sowohl in Bezug auf die "Junge Alternative" (die Jugendorganisation der AfD) als auch auf den "Flügel" (eine Gruppierung innerhalb der AfD) lägen hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht vor, dass deren zentrale politische Vorstellung sei, das deutsche Volk in seinem ethnischen Bestand der "autochthonen Bevölkerung" zu erhalten und ethnisch "Fremde" nach Möglichkeit auszuschließen. Dieses gegen die Menschenwürde verstoßende Volks- und Menschenbild zeige sich unter anderem in Reden und Schriften exponierter Mitglieder, etwa wenn diese vor einer drohenden "Umvolkung" warnten.

Kontinuierlich gegen Ausländer agitiert

Außerdem gebe es erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass prominente Vertreter sowohl der "Jungen Alternative" als auch des "Flügels" kontinuierlich gegen Ausländer, vornehmlich muslimischen Glaubens, agitierten, diese pauschal diffamierten und verächtlich machten, was ebenfalls gegen die Menschenwürde verstoße. So habe beispielsweise ein "Flügel"-Mitglied im Rahmen mehrerer Reden dazu aufgerufen, dem "Islam als Okkupationsmacht" den Zutritt nach Europa und Deutschland zu verwehren. Gegen die Beschlüsse kann jeweils Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

VG Berlin, Beschluss vom 28.05.2020 - 1 L 95/20

Redaktion beck-aktuell, 29. Mai 2020.