Italien: Sechs Jahre Haft für Salvini gefordert

Italiens Vize-Regierungschef Matteo Salvini sorgte 2019 als Innenminister dafür, dass Migranten vom Mittelmeer wochenlang nicht an Land konnten. Nun hat die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe für den heutigen Verkehrsminister gefordert.

Dem Vorsitzenden der rechten Regierungspartei Lega wird zur Last gelegt, in seiner Zeit als Innenminister 2019 das Schiff einer spanischen Hilfsorganisation wochenlang am Einlaufen in einen Hafen gehindert zu haben. Die Staatsanwaltschaft hält das für Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch. Sie forderte eine Haftstrafe von sechs Jahren. Das Urteil gegen den heutigen Verkehrsminister wird voraussichtlich im November 2024 verkündet.

Die Open Arms hatte im August 2019 nach Angaben der gleichnamigen Hilfsorganisation mehr als 160 Menschen aus Seenot gerettet. Anschließend hatte sie vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa gelegen, aber nicht im dortigen Hafen anlegen dürfen. Die Lage an Bord hatte sich zugespitzt. Mehrfach sprangen Menschen ins Wasser und versuchten, an Land zu schwimmen. Die Staatsanwaltschaft ließ die Open Arms schließlich nach drei Wochen beschlagnahmen, sodass das Schiff anlegen konnte.

"Ich würde alles wieder so machen"

Mit ihrer Forderung blieb die Staatsanwaltschaft deutlich unter dem möglichen Strafmaß von bis zu 15 Jahren. Salvini – zum fraglichen Zeitpunkt Innenminister – war international für sein hartes Vorgehen gegen die Schiffe von privaten Hilfsorganisationen bekannt, die Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen. Heute ist er eine der zentralen Figuren der rechten Dreier-Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Der Prozess gegen Salvini vor einem Gericht in Palermo läuft bereits seit drei Jahren. Salvini selbst war am Samstag nicht im Gerichtssaal erschienen. Auf Instagram schrieb er jedoch: "lch würde alles wieder so machen."

Justiz und Meloni liefern sich Machtkampf

Der Prozess um das Regierungsmitglied wird international als Machtprobe zwischen der Justiz und der Regierungschefin Meloni gesehen. Meloni soll Druck auf das Gericht ausgeübt haben, um die Haftstrafe zu verhindern. Sie nahm Salvini in Schutz: "Es ist unglaublich, dass ein Minister der Republik Italien sechs Jahre Gefängnis riskiert, weil er seine Aufgabe wahrnimmt, die Grenzen der Nation zu verteidigen, wie es das Mandat der Bürger verlangt", sagte die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) am Rande des Prozesses. Zugleich versicherte sie Salvini ihre "völlige Solidarität". Auch der andere Koalitionspartner Forza Italia stellte sich hinter den Minister.

Redaktion beck-aktuell, dd, 16. September 2024 (dpa).