Wegen Corona-Pandemie: Gericht in Italien hebt Mordurteil auf

In der Anfangsphase der Corona-Pandemie wird eine junge Studentin in Italien von ihrem Freund getötet. Das Oberste Gericht Italiens hebt nun das Mordurteil des Berufungsgerichts auf. Der Grund sorgt für große Empörung.

In Italien gibt es viel Resonanz zur Aufhebung eines Mordurteils für einen Mann, der seine Freundin in der Anfangsphase der Corona-Pandemie getötet hatte. Das damalige Urteil habe die mildernden Umstände der Pandemie und der Schutz-Maßnahmen nicht angemessen berücksichtigt, begründete der Kassationsgerichtshof in Rom und verwies damit den Fall zurück an das Berufungsgericht. Zwei Instanzen hatten den Mann zuvor zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Das Opfer ist eine junge Medizin-Studentin aus Sizilien. Ihr Freund schlug sie erst und erwürgte sie schließlich nach einem Streit während des ersten Lockdowns im März 2020. Später gab er an, panische Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus gehabt zu haben. Der Freund - ebenfalls Medizin-Student - glaubte, seine Freundin habe ihn angesteckt. Tests ergaben später, dass weder er noch seine Freundin positiv waren. Bereits zuvor soll es zu Streitereien gekommen sein, wenn seine Freundin hustete.

Nach Ansicht des Kassationsgerichtshofs "haben die Richter nicht geprüft, ob die besonderen Umstände der Corona-Zeit und die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten Kriterien darstellen, die das Ausmaß der strafrechtlichen Verantwortung beeinflussen". Das Oberste Gericht in Rom verwies den Fall daher zur erneuten Prüfung des Urteils zurück.

Italienische Politik kritisiert Gericht

In Italien sorgt die Entscheidung für Empörung. Mehrere Politiker zeigten sich irritiert und kritisierten die Argumentation des Gerichts. Auch die Familie der getöteten Studentin meldete sich zu Wort. "Wir sind wirklich sehr empört und es gibt keine Worte, um zu beschreiben, was wir fühlen", sagte die Schwester der Zeitung La Repubblica. "Sie hätte so viele Leben retten können. Und kurz vor dem Abschluss ihres Studiums wurde sie von dem Mann umgebracht, weil er 'von Corona gestresst' war. Das ist Wahnsinn."

Italien gehörte Anfang 2020 zu den ersten europäischen Ländern, in denen sich das Coronavirus dramatisch ausbreitete. Insbesondere Bergamo wurde zum Symbol des durch die Pandemie ausgelösten Leids. Die erschütternden Bilder von Militärlastwagen, die Särge mit Toten in Massen zur Einäscherung aus der Stadt abtransportierten, gingen um die Welt.

Redaktion beck-aktuell, js, 23. Juli 2024 (dpa).