Israels Generalstaatsanwältin verurteilt Netanjahus Eingriff in Justizumbau

Israels Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hat die Beteiligung von Ministerpräsident Netanjahu an der umstrittenen Justizreform als illegal eingestuft und vor Konsequenzen gewarnt. Der Regierungschef hatte am Abend des 23.03.2023 verkündet, sich künftig an dem umfassenden Gesetzesvorhaben intensiv beteiligen zu wollen. Zuvor war ein Gesetz verabschiedet worden, das die Amtsenthebung eines Regierungschefs deutlich schwieriger macht.

Netanjahu will sich an Gesetzesvorhaben beteiligen

"Ihre Erklärung von gestern Abend und alle Maßnahmen, die in dieser Angelegenheit ergriffen werden, sind rechtswidrig und durch einen Interessenkonflikt belastet", schrieb Baharav-Miara in einem heute in israelischen Medien veröffentlichen Brief an Netanjahu. Baharav-Miara hatte eine umfassende Beteiligung des Ministerpräsidenten an dem Gesetzesvorhaben Anfang Februar untersagt, da Netanjahu von den geplanten Änderungen in dem aktuell gegen ihn laufenden Korruptionsprozess profitieren könnte. Bisher wurde die Umsetzung der Reformpläne von Justizminister Jariv Levin sowie dem Abgeordneten Simcha Rothman federführend geleitet.

Amtsenthebung nur aus Gesund­heits­grün­den und mit Drei-Vier­tel-Mehr­heit

Vor der Rede Netanjahus hatte Israels Parlament ein Gesetz verabschiedet, nach dem die Amtsenthebung eines Regierungschefs künftig nur wegen psy­chi­scher oder an­de­rer Ge­sund­heits­grün­de und nur mit einer Drei-Vier­tel-Mehr­heit mög­lich ist. Es war die erste Gesetzesänderung im Rahmen der höchst umstrittenen Justizreform der rechts-religiösen Regierung. Die Änderung gilt als persönlich auf Netanjahu zugeschnitten, der aktuell wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt ist. Er hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen und betont, die Pläne der Regierung hätten nichts mit seinem Prozess zu tun.

Kritiker sehen Gewaltenteilung in Gefahr

Die Koalition um Netanjahu wirft dem Höchsten Gericht eine übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es deshalb künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Zudem soll die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richterinnen und Richtern geändert werden. Kritikerinnen und Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer gefährlichen Staatskrise.

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2023 (dpa).