Israel steht vor kontrovers diskutierter Justizreform

Israels neue Regierung will Schritte zur Schwächung des Höchsten Gerichts rasch umsetzen. Justizminister Jariv Levin von der rechtskonservativen Regierungspartei Likud stellte bereits die erste Phase der geplanten Justizreform vor, wie der israelische Rundfunk am Donnerstag berichtete. Besonders umstritten ist die sogenannte Überwindungsklausel.

Parlamentsmehrheit sticht Entscheidungen des Höchsten Gerichts

Nach dieser Klausel kann eine Mehrheit von 61 der 120 Abgeordneten im Parlament ein Gesetz verabschieden, auch wenn es nach Ansicht des Höchsten Gerichts gegen das Grundgesetz verstößt. Levin will außerdem die Zusammensetzung des Gremiums zur Ernennung von Richtern ändern, wie er am Mittwochabend sagte. Dabei sollen zwei öffentliche Vertreter, die vom Justizminister ernannt werden, zwei Vertreter der Anwaltskammer ersetzen. Levin warf dem Höchsten Gericht eine übertriebene Einmischung in politische Entscheidungen vor. Die von ihm angestrebte Reform werde die Demokratie und die Gewaltenteilung stärken. Der frühere Ministerpräsident Jair Lapid kritisierte die geplante Reform dagegen scharf. Er warf der neuen Regierung vor, sie wolle die demokratischen Strukturen in Israel zerschlagen. "Die neue Regierung hat wie ein Mafia-Clan (...) einen geladenen Revolver auf den Tisch gelegt."

Höchstes Gericht berät über Innenminister

Das Höchste Gericht begann unterdessen am Donnerstag Beratungen über die Ernennung des Vorsitzenden der strengreligiösen Schas-Partei, Arie Deri, zum Innenminister. Bürgerrechtler hatten wegen dessen krimineller Vergangenheit Beschwerde gegen die Ernennung eingelegt. Deri ist mehrfach verurteilt, zuletzt vor einem Jahr wegen Steuerhinterziehung. Dennoch wurde er in der neuen rechts-religiösen Regierung von Benjamin Netanjahu zum Innen- und Gesundheitsminister ernannt. Später soll er im Rahmen einer Rotationsvereinbarung Finanzminister werden. Israels Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara lehnt die Ernennung als "absolut unangemessen" ab.

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2023 (dpa).