Ischgl und die Corona-Folgen: Erste Muster-Klagen zeichnen sich ab

Zur Rolle des österreichischen Touristenorts Ischgl bei der Verbreitung des Coronavirus zeichnen sich erste Muster-Prozesse ab. Er werde Ende September 2020 erste Klagen von Opfern auf Schadenersatz und Anerkennung von Folgeschäden beim Landgericht Wien einbringen, kündigte der österreichische Verbraucherschützer Peter Kolba an. Darunter seien auch Fälle von Deutschen, deren Angehörige entweder durch die Erkrankung gestorben seien oder – wie im Fall eines Mannes aus dem Rheinland – nach langem Aufenthalt auf der Intensivstation mit Folgeschäden zu kämpfen hätten.

Vorwurf: Zu spät und unzureichend auf Corona-Ausbruch reagiert

"In einzelnen Fällen geht es um 100.000 Euro“, sagte Kolba gegenüber der dpa. Nach seiner Darstellung haben die Verantwortlichen zu spät und nicht umfassend genug auf den Ausbruch der Corona-Krise reagiert. Von dem für seine Après-Ski-Szene bekannten Ischgl aus sei das Virus in 45 Staaten getragen worden. Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber, davon viele Deutsche, haben sich inzwischen bei Kolba als Geschädigte gemeldet. Rund 1.000 Menschen haben sich laut dem Verein bereits dazu entschlossen, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte anzuschließen.

Hohe Ansteckungsgefahr auch bei kurzem Aufenthalt

Als Indiz dafür, dass es für eine Ansteckung ausreichte, sich mit Geschäftspartnern auf ein Essen zu treffen, wertet Kolba den Fall eines in München lebenden Italieners, der den Ort am 12.03.2020 nur für eine berufliche Stipp-Visite besucht hatte. Am 13.03.2020 wurde das Paznauntal mit den Orten Ischgl und Galtür unter Quarantäne gestellt. Auch die teils chaotischen Umstände der Abreise der Touristen würden Teil des Verfahrens, so Kolba.

Ischgl trifft Maßnahmen für Wintersaison

Unterdessen trifft Ischgl Maßnahmen gegen eine abermalige Virus-Verbreitung in der Wintersaison. So sollen alle Tourismus-Mitarbeiter mit einem negativen Corona-Test anreisen oder vor Ort getestet werden. Während der Saison sollen den Mitarbeitern dann laufend Testmöglichkeiten angeboten werden. Auch den Gästen wird empfohlen, bereits beim Check-In in den Hotels ein negatives Testergebnis vorzuweisen. Ansonsten könnten sie sich vor Ort testen lassen.

Kein Après-Ski wie bisher

Darüber hinaus soll das Abwasser auf der Suche nach dem Virus analysiert werden. Die Seilbahnkabinen sollen laufend mittels Kaltvernebelungsgeräten desinfiziert werden. Dieselbe Methode wird auch in den Skibussen sowie in Sportshops, Skidepots, WC-Anlagen, Aufzugskabinen und den Ersten-Hilfe-Stationen täglich angewendet. Après-Ski soll es in der bisherigen Form nicht mehr geben.

Redaktion beck-aktuell, 26. August 2020 (dpa).