BVerfG-Richter Müller besorgt um Rechtsstaat

Bundesverfassungsrichter Peter Müller hat auf dem Internationalen Kammertag der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main vor Gefahren für den Rechtsstaat gewarnt. "Rechtsstaat und Demokratie befinden sich nicht auf der Siegesstraße, sondern auf dem Rückzug“, sagte Müller am 02.11.2018 vor rund 200 Teilnehmern. Der frühere Ministerpräsident des Saarlandes bezog sich ausdrücklich nicht nur auf die Situation in China, Brasilien und der Türkei, sondern verwies auch auf die EU-Mitglieder Polen, Ungarn und Tschechien.

Müller sieht Regulierungswahn als Problem

Doch auch mit Blick auf Deutschland sprach Müller von einer "Rechtsvergessenheit von Entscheidungsträgern“ und von "rechtsfreien Räumen“. Wenn beispielsweise Tatverdächtige wegen zu langer Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssten, sei Gefahr in Verzug. Auch vermisst Müller Transparenz mit Blick auf das Recht. Den Grund dafür sieht der Verfassungsrichter etwa darin, dass die EU den Mitgliedstaaten zu viele Gesetze vorgebe. Auch zweifelte Müller am Sinn einiger neuer Straftatbestände hierzulande, nämlich zum Doping im Sport, zur Bestechung im Gesundheitswesen und dem von der Bundesregierung geplanten Delikt des – wie er es humorvoll nannte – "Tierstallfriedensbruchs“. Müllers Appell: Die Politik möge sich ein Stück weit vom "Regulierungswahn“ verabschieden.

Aktuelle Themen in vier Workshops

Im Anschluss an die Auftaktveranstaltung beleuchteten die Teilnehmer, die aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus dem Ausland kamen, in vier Workshops aktuelle Themen. Diese betrafen das Berufsrecht der Anwälte in verschiedenen EU-Staaten, das französische Gesellschafts- und Arbeitsrecht, die neue Datenschutz-Grundverordnung sowie die Internationale Strafverfolgung und den Europäischen Haftbefehl.

Redaktion beck-aktuell, 6. November 2018.

Mehr zum Thema