Innenausschuss: Experten uneins über verstärkten Einsatz von Videoüberwachung

Zwei Gesetzesvorlagen der Bundesregierung zum verstärkten Einsatz von Videotechnik stoßen bei Experten auf unterschiedliche Einschätzungen. Dies wurde am 06.03.2017 bei einer Sachverständigen-Anhörung des Innenausschusses des Bundestages zu den Regierungsentwürfen eines "Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes" (BT-Drs.:18/10941) und eines "Gesetzes zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik" (BT-Drs.:18/10939) deutlich.

Einsatz von Videoüberwachungsmaßnahmen soll erleichtert werden

Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz sieht Änderungen des Bundesdatenschutzgesetzes vor mit dem Ziel, bei einem Einsatz von Videoüberwachungsmaßnahmen in Einrichtungen des öffentlichen Schienen-, Schiffs- und Busverkehrs und öffentlichen Anlagen wie Sportstätten und Einkaufszentren festzuschreiben, dass der "Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit dort befindlicher Personen als besonders wichtiges Interesse gilt". Diese Wertung soll bei der Abwägung über den Einsatz von Videoüberwachungsmaßnahmen zu berücksichtigen sein. Mit dem zweiten Gesetzentwurf soll "eine Stärkung der polizeilichen Befugnisse zum Einsatz von technischen Mitteln erreicht werden".

Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten

Vorgesehen ist unter anderem eine Verbesserung des Schutzes von Polizeibeamten sowie der "Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung" durch die Befugnis, mobile Videotechnik einzusetzen. Wie die Regierung dazu ausführt, haben die Erfahrungen in einzelnen Ländern gezeigt, dass mobile Videotechnik erfolgreich zur Eindämmung von Gewaltdelikten gegen Polizeibeamte eingesetzt werden kann. Durch den Einsatz körpernah getragener Kameras würden auch die Möglichkeiten zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung verbessert. Dies und der dadurch verbesserte Schutz der Beamten wurde insbesondere von der Gewerkschaft der Polizei begrüßt.

Kritiker befürchten Totalüberwachung des öffentlichen Raums

Kritiker, wie der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar sehen in den Gesetzesvorhaben den Weg in die “Totalüberwachung des öffentlichen Raums". Dabei werde die Neuregelung keinen präventiven Schutz vor Terroranschlägen bieten, da sich Terroristen von Videoüberwachung nicht abschrecken ließen. Professor Kai von Lewinski von der Universität Passau interpretiert das Videoüberwachungsverbesserungsgesetzes als “etwas wie eine informationelle Sozialpflichtigkeit“, der zufolge man sich “im Dienste der allgemeinen Sicherheit beobachten lassen muss."

Redaktion beck-aktuell, 7. März 2017.

Mehr zum Thema