Hohe Anforderungen an Gehilfenvorsatz bei der Mandatsbearbeitung
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Anwälte müssen auch zweifelhafte Forderungen ihrer Mandanten ohne Angst vor Strafe bearbeiten und vor Gericht bringen können. Mit Beschluss vom 23.04.2020 unterstreicht der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs die hohen Anforderungen an die Annahme eines Gehilfenvorsatzes bei "berufstypischen" Tätigkeiten. Im konkreten Fall war eine Anwältin für die Vertretung von Internetfirmen wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt worden.

Mahntätigkeit trotz Kenntnis der Betrugsmasche

Zwei Internetfirmen boten als Abo-Falle einen Routenplaner an. Die Rechtsanwältin zog gegenüber den Nutzern die angeblich entstandenen Forderungen ein. Bei mehreren Staatsanwaltschaften liefen Ermittlungsverfahren gegen die Geschäftsführer, die aber zum Großteil nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. Das LG München I ging davon aus, dass die Anwältin durch die ihr bekannten Verfahren von der Betrugsmasche wusste und sie die Tat fördern wollte.

BGH: Beweiswürdigung lückenhaft

Die Sache wurde an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des LG zurückverwiesen. Die Bundesrichter hielten dem Landgericht vor, den Gehilfenvorsatz nicht tragfähig begründet zu haben. Vier Staatsanwaltschaften hatten Ermittlungsverfahren mangels Tatverdacht eingestellt. Damit war die Rechtslage entgegen der Meinung des Tatgerichts für die Anwältin nicht eindeutig. Aus Sicht des Senats hatte die Vorinstanz auch die Aufgaben der Anwaltschaft verkannt. Anwälte müssten als Vertreter ihrer Mandanten auch problematische Forderungen verfolgen und letztlich vor Gericht klären können, ohne sich direkt strafbar zu machen. Dies gelte insbesondere, wenn sie sich im Rahmen ihrer normalen beruflichen Tätigkeit bewegten, so der 1. Strafsenat.

BGH, Beschluss vom 23.04.2020 - 1 StR 391/19

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2020.