An Lymphdrüsenkrebs Erkrankter hatte Millionen-Schadenersatz erkämpft
Im August 2018 hatte eine Jury des Gerichts in Kalifornien Monsanto zur Schadenersatzzahlung in dreistelliger Millionenhöhe an den an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Kläger Dewayne "Lee" Johnson verurteilt. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass glyphosathaltige Monsanto-Produkte krebserregend sind und der Hersteller davor nicht nur nicht ausreichend gewarnt, sondern sogar in böswilliger Absicht die Risiken verschleiert habe.
Gericht: Vorsätzliches Fehlverhalten Monsantos nicht bewiesen
Monsanto legte Berufung ein und fordert, dass der Fall wegen unzureichender Beweise neu verhandelt wird. Dem stimmte das Gericht auf vorläufiger Basis weitgehend zu. Die Klägeranwälte hätten keine "klaren und überzeugenden Beweise" für vorsätzliches Fehlverhalten von Monsanto vorgelegt, hieß es in der Begründung von Richterin Bolanos. Dadurch könnte sich der Schadenersatz deutlich verringern.
Monsato wirft Klägeranwalt Aufhetzen der Jury vor
Die anschließende, mehr als zwei Stunden lange Gerichtsanhörung verlief teils hitzig – Monsantos Verteidiger erhoben heftige Vorwürfe gegen die Klägerseite. Sie beschuldigten insbesondere den Anwalt Brent Wisner, der das Urteil vom August 2018 erstritten hatte, die Jury mit Unwahrheiten aufgehetzt zu haben. "Dies war kein fairer Prozess", sagte Monsantos Anwalt George Lombardi mehrmals und forderte vehement eine Neuauflage.
Klägeranwalt weist Vorwürfe zurück
Wisner, der nicht persönlich bei Gericht erscheinen konnte und sich von seinem Kollegen Michael Miller vertreten ließ, meldete sich aufgebracht per Telefon zu Wort: "Ich werde hier laufend der Lüge bezichtigt", dabei habe er sich gegenüber der Jury korrekt verhalten. Die Geschworenen hätten eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen – die dürfe nicht aufgehoben werden. Monsanto hatte sich insbesondere über Wisners Vergleiche mit der Tabakindustrie geärgert, die Sammelklägern wegen arglistiger Täuschung über die Risiken von Zigaretten etliche Milliarden zahlen musste.
Parteien sollen sich nochmal schriftlich äußern
Richterin Bolanos beendete den Gerichtstermin letztlich ohne eine formale Anordnung, den Prozess in die nächste Runde zu schicken. Sie forderte die Streitparteien auf, bis 12.10.2018 noch einmal schriftlich ihre Argumente einzureichen und kündigte an, sich danach endgültig festzulegen. Bei Anlegern kam die vorläufige Entscheidung aber bereits sehr gut an. Der Aktienkurs von Bayer legte im nachbörslichen Handel in einer ersten Reaktion um fast 5% zu. Nach dem Urteil im August 2018 war es zu einem heftigen Kurseinbruch gekommen, der Bayers Börsenwert zeitweise um über 15 Milliarden Euro drückte.
Urteil wegweisend – rund 8.700 Klagen laufen noch
Für Monsantos deutsche Konzernmutter, die den US-Saatgutriesen mit Sitz in St. Louis erst Mitte 2018 für rund 63 Milliarden Dollar übernommen hatte, ist die Entscheidung des Gerichts von gewaltiger Bedeutung. Denn in den USA laufen rund 8.700 Klagen wegen möglicher Erkrankungen durch Glyphosat gegen Monsanto. Der Fall Johnson ist besonders brisant, da es sich um das erste Urteil handelt und es richtungsweisend für die zahlreichen weiteren Klagen sein könnte.
Recht des Klägers auf schnellen Prozess wegen Fortschreitens der Krankheit
Bei dem 46-jährigen Kläger Johnson war 2014 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert worden. Er machte Monsanto-Unkrautvernichter wie Roundup und Ranger Pro für seine Krankheit verantwortlich. Mit den Produkten hantierte er in seinem früheren Job als Platzwart an kalifornischen Schulen häufig. Johnson dürfte nach Einschätzung seiner Ärzte wegen seines fortgeschrittenen Krebsleidens nicht mehr lange leben, deshalb hatte er in Kalifornien Anrecht auf einen schnelleren Prozessbeginn. Sollte Richterin Bolanos neue Verhandlungen anordnen, dürften Johnsons Anwälte versuchen, diese Entscheidung anzufechten.
Umstrittener Unkrautvernichter laut WHO "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen
Über die Frage, ob Monsantos Verkaufsschlager Roundup zu Krebs führen kann, wird schon seit Jahren gestritten – die Wissenschaft gibt hier bislang keine klaren Antworten. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation stufte den weit verbreiteten Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen ein. Monsanto und Bayer weisen dies vehement zurück und verweisen auf "mehr als 800 wissenschaftliche Studien, die US-Umweltbehörde EPA, die Nationalen Gesundheitsinstitute und Aufseher weltweit", die belegten, dass Glyphosat sicher sei und keinen Krebs verursache.