Die neun Richter in Jerusalem stimmten zwei Petitionen zu, die eine sofortige Einberufung wehrpflichtiger ultraorthodoxer Männer gefordert hatten. "Auf dem Höhepunkt eines harten Krieges ist die Belastung durch eine ungleiche Verteilung der Bürde größer denn je und erfordert eine Lösung", hieß es in der Urteilsbegründung. Es gebe keine juristische Grundlage, um Ultraorthodoxe von der Wehrpflicht zu befreien.
Nach Angaben des Gerichts handelt es sich um 63.000 Männer. Die Armee hatte zuletzt angesichts des Gaza-Kriegs eindringlich vor einem starken Mangel an Kampfsoldaten gewarnt.
Die rechtskonservative Regierungspartei Likud kritisierte das Urteil. Eine echte Lösung des Streits um die Wehrpflicht könne nur ein "historisches Gesetz" liefern, das gegenwärtig für die Billigung im Parlament vorbereitet werde, hieß es in einer ersten Stellungnahme. Die Partei warf der Opposition vor, sie wolle in Wirklichkeit gar keine Wehrpflicht auch für Ultraorthodoxe, sondern lediglich die Regierung stürzen. Ein neues Gesetz solle dafür sorgen, dass mehr strengreligiöse Männer in der Armee dienen. Die Opposition wirft der Regierung dagegen vor, sie strebe eine Befreiung der meisten Ultraorthodoxen vom Wehrdienst an.
Bisher Ausnahme für Ultraorthodoxe
Das Thema Wehrpflicht war immer mehr zu einer Zerreißprobe für Netanjahus Regierung geworden, die auch über den weiteren Kurs im Gaza-Krieg streitet. Beobachter sehen die Stabilität der Koalition durch den Streit über die Wehrpflicht deswegen gefährdet, weil sie sich auch auf strengreligiöse Partner stützt, die eine Einberufung junger Männer aus ihrer Gemeinschaft strikt ablehnen. Der Gaza-Krieg hat die Kluft zwischen den Lagern noch einmal vertieft.
Jahrzehntelang galten Ausnahmen für ultraorthodoxe Männer bei der Wehrpflicht in Israel, die von Kritikern und Kritikerinnen als ungerecht angeprangert wurden. Diese waren aber vor drei Monaten ausgelaufen. Netanjahus Regierung gelang es jedoch nicht, ein Gesetz zu verabschieden, das die Erleichterungen zementieren sollte. Daraufhin ordnete das höchste Gericht eine Streichung der staatlichen Subventionen für ultraorthodoxe Männer im wehrpflichtigen Alter an, die in Religionsschulen studieren. Die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara entschied Ende März zudem, das Militär sei verpflichtet, auch die bisher weitgehend befreiten Religionsstudenten einzuziehen.
Männer müssen in Israel regulär drei Jahre, Frauen zwei Jahre Wehrdienst leisten. Am Streit um ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Dienst an der Waffe verpflichten sollte, war bereits 2018 die Regierungskoalition zerbrochen. Es gibt aber auch ultraorthodoxe Männer, die freiwillig dienen. Strengreligiöse Frauen werden nur auf freiwilliger Basis rekrutiert.