"Grand Jury" stimmte für Anklage
Trump hatte kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2016 Schweigegeld an Daniels zahlen lassen, nachdem diese behauptet hatte, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Die Zahlung könnte im Konflikt mit Regeln zur Wahlkampffinanzierung stehen. Die Staatsanwaltschaft in New York hatte jahrelang in der Sache ermittelt und schließlich eine sogenannte Grand Jury eingesetzt, die nun dafür stimmte, Trump in der Sache anzuklagen. Mehrere US-Medien, darunter der Fernsehsender CNN, berichteten, es gehe um mehr als 30 Anklagepunkte. Welche genau, blieb vorerst offen. Auch von der Bezirksstaatsanwaltschaft kamen zunächst nur wenig Details. Man habe den Anwalt von Trump kontaktiert, um dessen Überstellung zur Anklageerhebung nach New York zu koordinieren. US-Medien berichteten unter Berufung auf Anwälte Trumps, der Ex-Präsident könnte sich voraussichtlich Anfang April der Justiz in New York stellen, vermutlich schon am am 04.04.2023. Eine Bestätigung gab es dafür zunächst nicht. Von der Staatsanwaltschaft in Manhattan hieß es lediglich, weitere Details würden mitgeteilt, sobald ein Termin für die Anklageverlesung bestimmt sei.
Erneute Präsidentschaftskandidatur weiterhin möglich
Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung, bei der dem Republikaner womöglich mehrere Jahre Haft drohen, könnten Trumps Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur allenfalls in politischer Sicht beeinträchtigen. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexpertinnen und -experten betonen. Trump hatte seine Präsidentschaftsbewerbung vor mehreren Monaten öffentlich verkündet.
Trump sieht sich als Opfer von politischer Verfolgung und Wahlbeeinflussung
Der 76-Jährige reagierte empört auf die Anklage. "Das ist politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung auf dem höchsten Niveau der Geschichte", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme des Republikaners. Trump warf den Demokraten vor, sie hätten seit seiner ersten Präsidentschaftsbewerbung für die Wahl 2016 versucht, ihm politisch zu schaden und ihn mit diversen Untersuchungen auch während seiner Amtszeit schikaniert. Nun hätten sie "das Undenkbare getan - eine völlig unschuldige Person in einem Akt eklatanter Wahlbeeinflussung anzuklagen", beklagte Trump. "Das hat es in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben." All das werde auf Präsident Joe Biden und seine Demokraten zurückfallen. Trump sprach von einem Angriff auf das Land.
Anhänger zu Protesten aufgerufen
Der Ex-Präsident hatte vor einigen Tagen behauptet, seine Festnahme in dem Fall stehe kurz bevor - und seine Anhänger zu Protesten aufgerufen. New York bereitete sich daraufhin auf mögliche Demonstrationen vor und verstärkte die Sicherheitsvorkehrungen rund um das Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan. Bislang war es nicht zu größeren Protesten gekommen. Das könnte sich nun womöglich ändern. Diverse Republikaner reagierten empört auf die Anklage und werteten diese als Angriff auf die Demokratie. Viele von ihnen griffen dabei den New Yorker Staatsanwalt Alvin Bragg an. So schrieb etwa der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, auf Twitter über Bragg: "Während er routinemäßig gewalttätige Kriminelle freilässt, um die Öffentlichkeit zu terrorisieren, hat er unser heiliges Rechtssystem gegen Präsident Donald Trump instrumentalisiert." McCarthy gilt als Trump-Verbündeter.
Rückhalt aus der Partei
Doch selbst frühere Gefährten, die inzwischen auf Distanz zu Trump gegangen sind und als mögliche Konkurrenten im parteiinternen Präsidentschaftsrennen für die Wahl 2024 gelten, kritisierten das Vorgehen. "Wenn das Rechtssystem als Waffe eingesetzt wird, um eine politische Agenda voranzutreiben, wird die Rechtsstaatlichkeit auf den Kopf gestellt", schrieb der republikanische Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, auf Twitter. Es wird erwartet, dass DeSantis ebenfalls als Präsidentschaftsbewerber antreten wird. Er gilt neben Trump als chancenreichster Anwärter aus den Reihen der Republikaner. Auch Trumps früherer Stellvertreter, Ex-Vizepräsident Mike Pence, dem ebenfalls Ambitionen für eine Präsidentschaftsbewerbung nachgesagt werden, bezeichnete die Anklage als "Skandal". Dem Sender CNN sagte Pence: "Dies wird nur dazu dienen, dieses Land weiter zu spalten."
Kurzportrait Alvin Bragg
Alvin Bragg geht als der erste US-Staatsanwalt in die Geschichte ein, der einen ehemaligen Präsidenten anklagt. Damit dürfte es der erste schwarze Chef-Ankläger Manhattans zu internationaler Bekanntheit bringen. Als Gegenspieler von Ex-Präsident Donald Trump und, in der Konsequenz, Feindbild der amerikanischen Rechten. Dabei gilt der 49-Jährige trotz seiner Zugehörigkeit zur demokratischen Partei als nicht übermäßig interessiert an politischen Ränkespielen. Bragg wuchs in den 80er-Jahren im Manhattaner Viertel Harlem auf und erlebte Kriminalität am eigenen Leib: "Bevor ich 21 Jahre alt war, wurde sechs Mal eine Waffe auf mich gerichtet: drei Mal von Polizisten und drei Mal von Leuten, die keine Polizisten waren. Ich hatte ein Messer an meinem Hals, eine halbautomatische Waffe an meinem Kopf und ein Mordopfer vor meiner Haustür". Nach Antritt als Bezirksstaatsanwalt im Januar 2022 geriet der Familienvater zunächst intern unter Druck, weil er mehr Ressourcen auf die Verfolgung schwerer Gewaltverbrechen und weniger auf Vergehen im Zusammenhang etwa mit Drogen oder Prostitution verwenden wollte. Auch war der Chef-Staatsanwalt dafür kritisiert worden, zu zaghaft gegenüber Trump zu sein, weil er mit dem jetzigen Fall in Verbindung stehende Ermittlungen nicht zur Anklage brachte. Bragg erklärte in einem seiner wenigen TV-Interviews nur: "Ich bringe harte Fälle, wenn sie bereit sind." Diese Hürde hat die Anklage Trumps nun genommen - was für Bragg persönlich und auch seine Mitarbeitenden wohl einen politischen Feuersturm bedeutet. Die Rechte zeichnet Bragg bereits als Demokraten, der Präsidentschaftsbewerber Trump für die Wahl 2024 aus dem Weg räumen will. Eine indirekte Wahlkampf-Unterstützung Braggs durch den bei Konservativen verhassten US-Investor George Soros gibt ihnen zusätzliche Munition. Trump selbst hatte Bragg bereits als "Rassisten" bezeichnet.