Gesetzentwurf der Koalition sieht monatliches Nachzugskontingent vor
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs.:19/2438) sieht vor, den derzeit ausgesetzten Nachzug ausländischer Mitglieder der Kernfamilie zu subsidiär Schutzberechtigten aus humanitären Gründen ab Anfang August dieses Jahres für 1.000 Personen pro Monat zu gewähren. Dabei soll neben der individuellen Lebenssituation des in der Bundesrepublik lebenden Schutzberechtigten auch die Situation seiner im Ausland befindlichen Angehörigen berücksichtigt werden.
Linke und FDP mit gegensätzlichen Ansätzen
Die FDP-Fraktion sieht in ihrem Gesetzentwurf (BT-Drs.:19/2523) vor, als Übergangslösung den Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten Flüchtlingen für weitere zwei Jahre auszusetzen, aber zugleich für verschiedene Ausnahmen wieder zuzulassen. Dabei sollen Ausnahmen für solche Fälle vorgesehen werden, "in denen eine weitere Verzögerung der Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft aus Gründen nicht gerechtfertigt ist", die sowohl in der Person des Nachzugsberechtigten als auch in der Person in Deutschland liegen können, zu der der Zuzug erfolgen soll. Nach dem Willen der Fraktion Die Linke soll die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten "aus verfassungsrechtlichen, humanitären und integrationspolitischen Gründen" mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden. Das Recht auf Familienleben für international Schutzberechtigte müsse wieder uneingeschränkt gelten (BT-Drs.:19/2515).
UNHCR: Kriterien für Nachzugsberechtigung müssen vereinfacht werden
Roland Bank von der Vertretung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Deutschland warb dafür, das Kontingent von monatlich 1.000 Personen auch tatsächlich auszuschöpfen. Dazu sollten die Kriterien für die Bestimmung des Kontingents deutlich vereinfacht werden. Sie müssten transparent für jeden Monat regeln, wer zu dem Kontingent gehöre. Der UNHCR schlage daher vor, einfache und verwaltungstechnisch gut handhabbare Kriterien zu bestimmen. Dafür sollten "in einer ersten Gruppe Familien mit minderjährigen Kindern berücksichtigt werden und die nach der Wartezeit anhand der Asylantragstellung erfasst werden". Wenn diese Gruppe "abgearbeitet" sei, könnten alle anderen nach der Reihenfolge der Asylantragstellung berücksichtigt werden.
Pro Asyl grundsätzlich gegen Kontingent-Lösung
Pro Asyl kritisierte, die Abschaffung des Anspruchs auf Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte sei menschlich und rechtlich nicht haltbar. Auch das geplante Kontingent könne keinen Anspruch ersetzen und werde in der Praxis zu "unerträglichen Unsicherheiten führen". Für die Betroffenen werde nicht mehr erkennbar sein, ob und wann über ihren Antrag auf Familienzusammenführung entschieden wird.
Rechtswissenschaftler für drei Teilkontingente
Der Rechtswissenschaftler Professor Kay Hailbronner plädierte dafür, das monatliche Kontingent in drei Gruppen zu unterteilen, wobei jeweils 250 auf den Nachzug von und zu minderjährigen Kindern und auf die Gruppe der bereits seit drei Jahren auf den Nachzug wartenden Familienangehörigen entfallen sollten. Die restlichen 500 sollten nach Integrationsgesichtspunkten wie "Sicherung des Lebensunterhalts für die Familie", Wohnraum und Deutschkenntnissen erteilt werden.
Experte lobt Ausnahmeregelung für Härtefälle
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hält die Umsetzung der Neuregelung zum 01.08. für "schwierig". In Anerkennung der Bedeutung des Familienzusammenhalts, sehe man jedoch "in dem Gesetzentwurf grundsätzlich einen Schritt in die richtige Richtung". Der Konstanzer Professor Daniel Thym legte nahe, in den ersten Monaten das gesamte Kontingent für den Nachzug von Familien mit Kleinstkindern aus bestimmten Ländern zu verwenden. Dies sei rechtlich möglich und sehr einfach zu implementieren. Komplexere Verfahren mit mehr Kriterien könnten dann schrittweise entwickelt werden. Thym unterstrich zudem, dass der Regierungsentwurf grundrechtskonform sei, weil neben der Kontingentlösung auch eine Ausnahmeregelung für Härtefälle greife.