Hauptversammlung: BRAK diskutiert digitale Herausforderungen

Die RVG-Anpassung und die Digitalisierung der Justiz waren am Freitag zentrale Themen bei der Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Stuttgart. Auf der Tagesordnung stand zudem der beA-Kartentausch durch die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer. Bei der Abwicklung hatten sich in den letzten Wochen sowohl beim Versand der Karten und PINs als auch bei der Erreichbarkeit des Supports Schwierigkeiten ergeben.

Verschiedene Maßnahmen sollen Austauschprozess verbessern

BRAK-Vizepräsident Christian Lemke berichtete über aktuelle Maßnahmen von BRAK und Bundesnotarkammer (BNotK), um den Austauschprozess zu verbessern. So seien unter anderem Supportkapazitäten bei der BNotK erhöht worden. Auch die BRAK habe mit ihrem Dienstleister Wesroc zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die BNotK bei dem umfangreichen Austauschprozess bestmöglich zu begleiten. Zudem werde der beA-Anwendersupport der BRAK ebenfalls unterstützen, kündigte Lemke an. So seien die Informationen nochmals erheblich erweitert und um gut verständliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen ergänzt worden. Dort fänden sich auch Anleitungen für "Erste-Hilfe-Schritte" für diejenigen, die – sofern betroffen – ihre neue Karte nicht rechtzeitig hinterlegt haben. "Wir lassen niemanden im Regen stehen, der seine neue Karte nicht rechtzeitig aktivieren konnte", so Lemke.

Digitalisierung der Justiz

Die Digitalisierung der Justiz schreite weniger schnell voran als erhofft, betonte die BRAK im Rahmen ihrer Hauptversammlung. Wie sich die Überlegungen des Bundesjustizministeriums zu gerichtlichen Onlineverfahren weiterentwickeln werden und wann die Veröffentlichung des zu erwartenden Referentenentwurfs zu § 128a ZPO erfolgt, werde die BRAK aufmerksam beobachten. Die BRAK werde sich mit höchster Priorität aktiv für die Interessen der Anwaltschaft einbringen, so das zuständige Präsidiumsmitglied Michael Then.

Überprüfung der Zuständigkeitsstreitwerte

Auch die im Herbst 2021 seitens der JuMiKo beschlossene Überprüfung der Zuständigkeitsstreitwerte war Gegenstand der Veranstaltung. So wurde insbesondere die Frage aufgeworfen, ob die mit einer Erhöhung der Zuständigkeitsstreitwerte einhergehende Entlastung der Landgerichte nicht zu einer ungewollten Überlastung der Amtsgerichte führen könnte. Auch könnte die auf den ersten Blick lediglich zahlenmäßige Anpassung zu einer tiefgreifenden systemischen Veränderung führen, die sich auf den Anwaltszwang auswirken würde. Insofern müssten eine Anpassung nach Auffassung der Hauptversammlung sorgfältig mit klaren Zahlen durchdacht, mögliche Konsequenzen antizipiert und Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden.

Anpassung der Anwaltsgebühren

BRAK-Präsident Ulrich Wessels kündigte im Rahmen der Veranstaltung an, dass die BRAK sich nachdrücklich für eine substantielle lineare Anpassung der Anwaltsgebühren einsetzen wird. Dies sei angesichts der extrem steigenden Energiepreise einerseits und wegen der im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz fehlenden Möglichkeit einer individuellen Preisanpassung andererseits dringend erforderlich. "Bereits bei der letzten – mehr als überfälligen – Anpassung der Anwaltsgebühren haben wir deutlich gemacht, dass diese zwar ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war. Allerdings eben nur ein kleiner", begründete Wessels den erneuten Vorstoß der BRAK.

Redaktion beck-aktuell, 12. September 2022.

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