Hartz-IV-Empfängern drohen wieder Sanktionen

Hartz-IV-Empfänger müssen wieder mit Sanktionen rechnen, sollten sie gegen Auflagen der Jobcenter verstoßen. Eine entsprechende Weisung hat die Bundesagentur für Arbeit in Absprache mit dem Bundesarbeitsministerium am 02.07.2020 an die Jobcenter herausgegeben. Hintergrund ist die Wiederöffnung der Jobcenter für Publikumsverkehr. Die Sanktionen waren vor allem deswegen ausgesetzt, weil Betroffene wegen Corona nicht in die Jobcenter kommen konnten.

Bundesverfassungsgericht entschied 2019 zur Sanktionspraxis

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Weisung am 03.07.2020 scharf. Die Sanktionspraxis sei vom Bundesverfassungsgericht grundlegend infrage gestellt worden, eine notwendige gesetzliche Neuregelung stehe aus. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2019 entschieden, dass der Staat Hartz-IV-Bezieher für Pflichtverstöße zwar abstrafen darf. Aber nur noch Leistungskürzungen bis 30% sind erlaubt. Die Jobcenter dürfen auch nicht mehr pauschal sanktionieren, sondern müssen sich jeden Fall einzeln anschauen - wenn nötig bei einer persönlichen Anhörung.

Paritätischer Wohlfahrtsverband fordert Anhebung der Regelsätze

 "Sanktionen sind kontraproduktiv und treiben Menschen ins Elend", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Es zeuge von außergewöhnlicher Kaltherzigkeit oder aber Lebensferne, wenn Menschen nicht nur finanzielle Soforthilfe verweigert, sondern nun auch noch mit Leistungskürzungen gedroht wird, betonte er. Der Paritätische fordert stattdessen eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze und die komplette Abschaffung von Sanktionen. "Es wird höchste Zeit, dass wir diese antiquierte Rohrstockpädagogik aus dem vorletzten Jahrhundert überwinden und zu einem den Menschen zugewandten sanktionsfreien Hilfesystem gelangen", erklärte Schneider.

Redaktion beck-aktuell, 3. Juli 2020 (dpa).