Der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Stephan Harbarth hat vor zu vielen Änderungen am Grundgesetz gewarnt. Er sei nicht überzeugt, dass die gut 60 Verfassungsänderungen der vergangenen 73 Jahre seit Bestehen des Grundgesetzes "an allen Stellen segensreich" waren, sagte er am Samstag beim Politischen Club der Evangelischen Akademie Tutzing und der Theodor-Heuss-Stiftung in Tutzing am Starnberger See. Harbarth war per Video zugeschaltet.
Sorgfältige Abwägung notwendig
Sehr viele der Verfassungsänderungen bezögen sich auf das Verhältnis von Bund und Ländern, sagte Harbarth. Viele hätten mit finanziellen Dingen zu tun. Er habe nicht den Eindruck, dass Würde und Klugheit des Verfassungstextes in allen Fällen gewonnen hätten. Man müsse sorgfältig abwägen, ob eine Änderung der Verfassung tatsächlich zu einer Verbesserung der Verfassung führe. In Tutzing diskutierten beim Politischen Club unter Leitung des ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse bis Sonntag Vertreter von Parlamenten und politischer Wissenschaft über die Zukunft der Demokratie. Am Freitag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD) die Veranstaltung eröffnet. Scholz hatte betont, die Frage der Zukunft der Demokratie müsse global beantwortet werden, die westlichen Demokratien bräuchten Unterstützung durch Demokratisierungsprozesse in anderen Teilen der Welt.
Gitta Kharraz, 21. Juni 2022 (dpa).
Weiterführende Links
Aus der Datenbank beck-online
Kirchhof, Kinderrechte in der Verfassung - zur Diskussion einer Grundgesetzänderung, ZRP 2007, 149
Oehlmann-Austermann, Grundgesetzänderung durch Föderalismusreform und mögliche Auswirkungen für die Jugendhilfe, SRa 2006, 118
Sattler, Terrorabwehr durch die Streitkräfte nicht ohne Grundgesetzänderung - Zur Vereinbarkeit des Einsatzes der Streitkräfte nach dem Luftsicherheitsgesetz mit dem Grundgesetz, NVwZ 2004, 1286