Härtefallfonds für Reisewirtschaft im Gespräch

Die Bundesregierung denkt über einen Härtefallfonds für Unternehmen der Tourismuswirtschaft nach, die von den Folgen der Coronakrise in besonderem Maße betroffen sind und allein im März und April Umsatzeinbußen in Höhe von 24 Milliarden Euro verzeichneten. Das Vorhaben sei allerdings noch nicht spruchreif und bedürfe weiterer Abstimmung mit dem Finanzminister, sagte eine Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums am 13.04.2020 im Tourismusausschuss.

Reisebranche greift bisher auf allgemeine Hilfsangebote zurück

Derzeit profitiert die Reisebranche "nur" von den bestehenden Hilfsangeboten. Nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums haben 90% der Betriebe im Tourismussektor die Möglichkeit des Kurzarbeitergeldes und 80% finanzielle Soforthilfen in Anspruch genommen. In den Genuss von Steuerstundungen seien 40% der Unternehmen gelangt. Für Kleinstbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten habe die Kreditanstalt für Wiederaufbau bislang Soforthilfen im Volumen von 135 Millionen Euro zugesagt. Für den Gesamtbereich der Gastronomie allein seien 1,1 Milliarden Euro bewilligt.

Mehr Unterstützung etwa für Jugendherbergen geplant

Mehr Unterstützung sollen jetzt auch gemeinnützige Anbieter im Tourismussektor wie Jugendherbergen erfahren, die bisher kaum von Bundesmitteln profitieren konnten. Beabsichtigt sei, bereits bestehende Programme der Länder mit einer Milliarde Euro zu bezuschussen. Dieser Betrag sei bis zu einer Höhe von 80% durch eine Bundesbürgschaft abgesichert. Den Ländern bleibe es überlassen, die Haftungsfreistellung durch eigene Beiträge auf 100% aufzustocken. Ein Silberstreif am Horizont für die Tourismuswirtschaft sei auch die von der EU-Kommission für den 15.06.2020 empfohlene Öffnung der innereuropäischen Grenzen.

Zwei Drittel der Reiseunternehmer kurz vor Insolvenz

Gleichwohl biete die aktuelle Lage der Branche ein dramatisches Bild. In den Monaten März und April habe die deutsche Tourismuswirtschaft Umsatzeinbußen im Umfang von 24 Milliarden Euro verzeichnet, sagte die Ministeriumsvertreterin. Die Arbeitslosenzahl stieg demnach um 200%. Laut einer Umfrage sähen sich zwei Drittel der Unternehmen am Rande der Insolvenz.

Kritik an Umgang mit Tourismuswirtschaft aus Opposition

Mit scharfer Kritik bedachten insbesondere Vertreter der liberalen und grünen Opposition im Ausschuss den bisherigen Rettungskurs. "Für die Tourismuswirtschaft ist faktisch nichts in den letzten zwei Monaten passiert", hieß es. Wertvolle Zeit sei verloren gegangen. Unternehmen, die keinerlei Gewissheit hätten, wann sie wieder Geld verdienen könnten, sei mit Krediten nicht geholfen.

Grüne und FDP für Rettungsfonds mit Rückzahloption bei Leistungsfähigkeit

Grüne wie Liberale befürworten einen zunächst aus Steuermitteln gespeisten Rettungsfonds, der unterschiedslos allen Unternehmen der Reisebranche zugutekommen soll. Nur die größeren und leistungsfähigen Betriebe sollten nach dem Ende der Krise zur Rückzahlung in einem angemessenen Zeitraum herangezogen werden.

Redaktion beck-aktuell, 15. Mai 2020.