Gutachten: Richterbesoldung in Brandenburg verfassungswidrig?

Das BVerfG hat Parameter für eine angemessene Vergütung von Richtern und Staatsanwälten festgelegt. Brandenburgs Besoldungsordnung bleibt dahinter offenbar zurück, wie ein Gutachten im Auftrag des Brandenburgischen Richterbunds nahelegt.

Laut dem Gutachten der Finanzwissenschaftlerin Gisela Färber hat der brandenburgische Landesgesetzgeber in den untersuchten Jahren 2023 bis 2025 seine Besoldungsanpassungen nicht nur unzureichend begründet, er habe dabei auch falsche Maßstäbe angelegt. Die Berechnungen erfüllten damit nicht die vom BVerfG festgelegten Kriterien des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG), so das Gutachten. Der Brandenburgische Richterbund fordert nun Anpassungen – auch für die Vergangenheit.

Nach dem Alimentationsprinzip ist der Dienstherr verpflichtet, Beamtinnen und Beamten – auch Richterinnen und Staatsanwälten – einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. In den vergangenen Jahren hat das BVerfG in mehreren Entscheidungen konkretisiert, was als angemessen gilt und dabei verschiedene Kriterien herausgearbeitet (Urteil vom 05.05.2015 - 2 BvL 17/09, Beschluss vom 04.05.2020 - 2 BvL 4/18).

Danach muss sich der Gesetzgeber bei der Anpassung des Solds an den Tarifentwicklungen im öffentlichen Dienst sowie an der Entwicklung des Nominallohnindexes orientieren, also am bundesweit gezahlten Entgelt. Außerdem muss er den Verbraucherpreisindex beachten, also die Preisentwicklung für Waren und Dienstleistungen. Schließlich muss er auch die einzelnen Besoldungsgruppen vergleichen und insoweit das sogenannte Abstandsgebot einhalten (Beschluss vom 23.05. 2017 - 2 BvR 883/14) und Besoldungsunterschiede zwischen Bund und Ländern beachten.

Rechenfehler und schlechte Begründung

Diese Kriterien habe der Brandenburger Gesetzgeber missachtet, heißt es in dem Gutachten. Zum einen habe er Darlegungserfordernisse in den Gesetzesbegründungen nicht erfüllt. Viele Zahlenangaben seien mangels Quellenangaben nicht nachvollziehbar oder nicht relevant. Außerdem habe er sich bei den Vergleichsverdiensten verrechnet und mit veralteten Zahlen gearbeitet. Auch fehlten Vergleiche zur Privatwirtschaft.

Schließlich kritisiert Färber in ihrem Gutachten auch, dass die Besoldung nicht ausreichend an die Inflation angepasst worden sei. Das bedeute seit 2020 massive Realeinkommensverluste für die Brandenburger Staatsanwältinnen und Richter. "Vor allem auch im Zusammenhang mit dem (…) Zurückbleiben der Besoldungsentwicklung hinter der allgemeinen Verdienstentwicklung bestehen hier aus ökonomischer Sicht erhebliche Zweifel an der Verfassungskonformität der brandenburgischen Besoldung", heißt es im Gutachten.

Ein weiterer Kritikpunkt: Das BVerfG habe sich 2020 explizit mit der Minimalbesoldung und insoweit mit den nötigen Kinderzuschlägen für Beamtinnen und Beamten befasst. Zwar habe Brandenburg daraufhin die kinderbezogenen Familienzuschläge stark erhöht, das Nettoeinkommen der meisten Richterinnen und Richter, die auch Eltern sind, bleibe jedoch trotzdem weit unter dem Schwellenwert der Mindestalimentation. Durch die Neuerungen bei den Kinderzuschlägen käme es außerdem zu Problemen mit dem Abstandsgebot, also der Ableitung aus dem Leistungsprinzip, wonach die Besoldung an die Wertigkeit des jeweiligen Amtes angepasst sein muss.

Richterbund befürchtet Personalengpässe

Das Gutachten hat der Brandenburgische Richterbund nun bei der Landespressekonferenz vorgestellt. Von Brandenburgs Regierung aus SPD und BSW fordert er Nachbesserungen per Gesetz und eine kurzfristige Besoldungserhöhung. "Das Gutachten bildet finanzökonomisch fundiert ab, was viele Kolleginnen und Kollegen finanziell schon seit langem spüren", sagte die Co-Vorsitzende des Richterbunds, Jessica Hansen.  

Insbesondere die hohe Inflation habe zu realen Einkommensverlusten und einer weiteren Abkopplung von den Verdiensten in der Privatwirtschaft geführt - ein Problem auch bei der Nachwuchsgewinnung. Angesichts der "unmittelbar bevorstehenden Pensionierungswelle" müsse die Richterbesoldung mit den Verdienstmöglichkeiten in der Privatwirtschaft mithalten können. "Das Land hat auch in Zeiten angespannter Haushaltskassen die Zukunftsfähigkeit der Justiz über eine verfassungsmäßige und damit amtsangemessene Besoldung zu sichern", so Hansen.

Das Gutachten kann auf der Website des DRB-Brandenburg abgerufen werden.

Redaktion beck-aktuell, dd, 21. Mai 2025.

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