Gutachten: Lkw-Fahrverbot auf Tiroler Inntalautobahn rechtswidrig

Ein Fahrverbot für bestimmte Lkw auf der Inntalautobahn in Tirol verstößt nach Auffassung eines Rechtsgutachtens gegen EU-Recht. Kernkritik der von der Handelskammer Bozen aus Südtirol in Auftrag gegebenen Schrift ist, dass die Maßnahme nicht verhältnismäßig sei. Geschrieben wurde das am Donnerstag vorgestellte Gutachten vom österreichischen Europarechtler Peter Hilpold.

Sektorales Lkw-Fahrverbot für bessere Luftqualität

Es geht um ein sektorales Lkw-Fahrverbot für verschiedene Industriegüter und Baustoffe, wobei es Ausnahmen etwa für innerösterreichischen Verkehr gibt. Das Verbot gilt seit 2016. Es wurde zum 01.01.2020 verschärft. Offizielles Ziel der Regelung ist es, die Luftqualität vor Ort zu verbessern und so Menschen und Umwelt zu schützen, wie es in der entsprechenden Rechtsvorschrift heißt. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) begrüßte das Ergebnis des Gutachtens. "Ich erwarte nun, dass die Kommission das Gutachten ernst nimmt und tätig wird", teilte er auf Twitter mit. Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) forderte die EU-Kommission auf, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten.

Österreicher sehen Gutachten gelassen

Aus Tirol hieß es derweil, dass sich das Verbot für bestimmte bahnaffine Güter an die Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs halte. "Entsprechend gelassen bewerten wir auch die Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens", teilte Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe mit. Der verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, bezeichnete das Tiroler Vorgehen als "diskriminierend und dabei schon lange nicht mehr mit umweltpolitischen Argumenten zu begründen."

EuGH hat bereits zwei Fahrverbote gekippt

Das Thema ist nicht erst seit 2016 auf der Tagesordnung: Bereits zwei Mal hatte der Europäische Gerichtshof sektorale Fahrverbote in Tirol gekippt. 2005 und 2011 gab es entsprechende Entscheidungen. Zuletzt hatte das Gericht entschieden, dass es sich bei dem damals erlassenen Fahrverbot zweifellos um eine Beschränkung des freien Warenverkehrs gehandelt habe. Solche Maßnahmen seien nur zu rechtfertigen, wenn sie ein "zwingendes Erfordernis" sind und nicht über dieses Ziel hinausgehen.

Redaktion beck-aktuell, 12. Februar 2021 (dpa).