Studie: Immer mehr Kommunen wählen hohe Grundsteuer-Hebesätze

Städte und Gemeinden greifen bei der Grundsteuer immer tiefer in die Taschen der Bürger. Im vergangenen Jahr hatten 53% der Kommunen einen Hebesatz von 400 oder mehr. Zum Vergleich: 2005 fielen nur 5% Prozent in diese Hochsteuergruppe.

Umgekehrt hatten der Analyse, die die Beratungs- und Prüfungsgesellschaft EY erstellt hat, zufolge 2005 noch 22% der Kommunen einen Hebesatz unter der Marke von 300. Vergangenes Jahr waren es 3%. Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Wie viel bezahlt werden muss, ist abhängig vom Grundstück, dem Gebäude darauf und dem kommunalen Hebesatz. Je höher der Hebesatz ist, desto höher ist auch die Steuer. Die Kommunen legen die Hebesätze selbst fest.

Bei den meisten Wohnungs- oder Hauseigentümern geht es um einige hundert Euro im Jahr, bei Eigentümern von Mietshäusern dagegen oft um vierstellige Beträge. Von 2025 an muss die Grundsteuer, die auf Immobilien fällig wird, auf einer neuen Grundlage berechnet werden. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, wonach die bisherige Bemessungsgrundlage in Deutschland verfassungswidrig war.

Zahlreiche Städte und Gemeinden stehen EY-Experte Heinrich Fleischer zufolge finanziell mit dem Rücken zur Wand: "Die anhaltend schlechte Finanzsituation vieler Kommunen erfordert häufig eine Anhebung der Hebesätze." Sie hätten - wie die Bürgerinnen und Bürger - mit Kostensteigerungen zu kämpfen, die sie weitergeben müssten. Der bundesweite Trend zu immer höheren Grundsteuer-Hebesätzen habe sich dadurch weiter beschleunigt.

Vor der Reform: Schnell noch den Hebesatz erhöhen

Fleischer zufolge lässt sich vor dem Inkrafttreten der Grundsteuer-Reform eine "regelrechte Welle an Steuererhöhungen" beobachten. Seiner Ansicht nach wird diese auch im laufenden Jahr anhalten - auch, um dann 2025 das Versprechen einhalten zu können, die Bürgerinnen und Bürger durch das neue Grundsteuer-Recht nicht zusätzlich zu belasten. Ob das gelingen wird, bezweifelte er: "Die Versuchung, im Zuge der Umstellung auf das neue Grundsteuer-Modell zusätzliche Mehreinnahmen zu generieren, ist sehr groß." Angesichts der schwachen Wirtschaftslage dürfte zudem der Spielraum der Kommunen laut Fleischer eher kleiner als größer werden.

2.671 - und damit gut ein Viertel aller Städte und Gemeinden - erhöhten der Analyse zufolge den Hebesatz im vergangenen Jahr. 2022 lag der Anteil der Kommunen, die den Satz binnen Jahresfrist heraufgesetzt hatten, bei 13%, ein weiteres Jahr zuvor bei 8%. Im Gegensatz dazu gab es 2023 quasi keine Senkungen: Nur 49 der knapp 10.800 Kommunen in Deutschland reduzierten der Analyse zufolge den Hebesatz. Das entspricht 0,4%.

Im bundesweiten Schnitt lag der Hebesatz im vergangenen Jahr bei 409% - und damit 18 Prozentpunkte höher als 2022. Das sei der mit Abstand stärkste Anstieg seit Beginn der Untersuchungen 2005 gewesen. Damals lag der Durchschnitt noch bei 317%. Der sprunghafte Anstieg gehe vor allem auf eine Entwicklung in Rheinland-Pfalz zurück: Dort erhöhten 2023 vier von fünf Kommunen den Grundsteuer-Hebesatz. Nach Angaben von EY lag das an einer Reform des kommunalen Finanzausgleichs. Um Einnahmeverluste zu vermeiden, hätten viele Städte und Gemeinden die Hebesätze teils deutlich anheben müssen, hieß es.

Das Bundesland mit den höchsten durchschnittlichen Hebesätzen war Nordrhein-Westfalen (577%), gefolgt von Hessen (507%) und Rheinland-Pfalz (464%). Die niedrigsten Sätze hatten im vergangenen Jahr im Durchschnitt die Kommunen in Schleswig-Holstein (348%), Bayern (355%) und Baden-Württemberg (370%).

EY hat für die Studie Daten des Statistischen Bundesamtes zur Entwicklung der Grundsteuer-B-Hebesätze in allen deutschen Kommunen zwischen 2005 und 2023 ausgewertet. Ausgenommen waren die Stadtstaaten. Stichtag war jeweils der 31. Dezember. Anders als in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes handelt es sich bei den angegebenen Durchschnittshebesätzen der Bundesländer nicht um gewichtete Werte, sondern um den Durchschnittswert aller Gemeinden unabhängig von der Einwohnerzahl. Die Grundsteuer B spülte nach früheren Angaben des Statistischen Bundesamtes 2023 rund 15,1 Milliarden Euro in die Kassen.

Redaktion beck-aktuell, gk, 22. November 2024 (dpa).