Grundsteuer: Experten-Kritik an geplantem bayerischem Flächenmodell

Im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags wurde mit Experten der Gesetzentwurf für die Reform der Grundsteuer in Bayern diskutiert. Dabei wurden an dem geplanten Flächenmodell, das Bayern in Abweichung vom wertabhängigen Modell des Bundes umsetzen will, auch verfassungsrechtliche Zweifel geäußert. Von den Kommunen kamen Änderungsforderungen, insbesondere wollen sie die (Wieder-)Einführung der Grundsteuer C.

Bayerns Flächenmodell

2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die geltende Grundsteuerregelung für verfassungswidrig, weil die Grundstückswerte veraltet seien und gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt würden. Damit wurde eine Neuregelung notwendig. Anders als der Bund mit seinem wertabhängigen Modell will Bayern das sogenannte Flächenmodell umsetzen, wobei das Land von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen will. Von 2025 an soll sich die Grundsteuer aus der Größe von Grundstück und Gebäude errechnen. Angesetzt werden sollen vier Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche sowie 50 Cent pro Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche. Dieser Messbetrag soll dann mit dem Hebesatz, den jede Gemeinde individuell bestimmt, multipliziert werden.

Streit um Grundsteuer C

Wie der Landtag meldet, haben Experten bei der Diskussion des bayerischen Entwurfs im Haushaltsausschuss auch Kritik und Änderungswünsche geäußert. Ein Streitpunkt sei die Baulandsteuer, die sogenannte Grundsteuer C, gewesen. Bernd Buckenhofer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags, beklagte, dass diese im Entwurf als Instrument der Baulandmobilisierung fehle. Mit der Grundsteuer C könnte baureifes Land stärker besteuert werden, wenn es nicht zeitnah bebaut wird. Dies sah unter anderem auch der Direktor des Bayerischen Gemeindetags Hans-Peter Mayer so. Clemens Richarz, erster Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer, sagte, Boden sei eine beschränkte Ressource und das müsse der Gesetzgeber deutlich machen. Mit dem Entwurf werde die Bebauung aber nicht gefördert. Das gebe dem Bürger das Zeichen, dass die Politik nichts dagegen habe, dass Grundstücke nicht bebaut werden. Vehement gegen die Einführung einer Grundsteuer C sprachen sich indes die Immobilien-Sachverständigen aus. Nach ihrer Ansicht würden Bauspekulanten dadurch nicht abgeschreckt. "Die Grundsteuer C trifft private Eigentümer, nicht Spekulanten, denn die geben die Kosten weiter beim Verkauf, das wird einfach draufgeschlagen", erklärte Ulrike Kirchhoff, Vorständin beim Verband Haus & Grund Bayern. Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, sah hingegen das Äquivalenzprinzip in Frage gestellt und wollte wissen, warum unbebaute Grundstücke überhaupt besteuert würden.

Kommunen gegen Zonierung: "Streit vorprogrammiert"

Ein weiterer Diskussionspunkt war die Möglichkeit für die Kommunen, unterschiedliche Hebesatzgebiete zu bestimmen (Zonierung). Buckenhofer und Mayer lehnten eine Zonierung ab. Sie befürchteten, dass der Grundsteuermessbetrag zu niedrig sei und die Kommunen deshalb gezwungen wären, höhere Hebesätze zu generieren. Der Stadtkämmerer der Stadt Nürnberg Harald Riedel verwies am Beispiel der Stadt Nürnberg darauf, dass dort der Hebesatz um 50% angehoben werden müsste, um dasselbe Aufkommen wie zuvor zu erreichen. Da sei Streit vorprogrammiert. Ebenso, wenn innerhalb einer Kommune verschiedene Grundsteuer-Hebesätze festgelegt würden. Das sei politisch nicht machbar, so Riedel.

Hochschullehrer: Gleichheitsgrundsatz gefährdet

Unterschiedlich haben auch die Juristen den Entwurf beurteilt: Klaus-Dieter Drüen, Hochschullehrer an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Kölner Universität, hatten keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken beim Flächenmodell. Drüen verwies zwar darauf, dass es in Deutschland ein Viel-Steuerrecht gebe. Die Grundsteuer bringe bei der Belastung das Fass aber nicht zum Überlaufen. Hingegen sieht der Potsdamer Hochschullehrer Thorsten Ingo Schmidt den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes nicht ausreichend berücksichtigt. In wirtschaftlicher Hinsicht sprach die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft von einem beherrschbaren Bürokratieaufwand und verwies auf den Vorteil, dass nicht - wie beim Bundesmodell - wiederholt neue Bewertungen der Grundstücke nötig würden.

Redaktion beck-aktuell, 4. Oktober 2021.