Der Bundestag hat die Einführung einer dritten Geschlechtsoption beschlossen. Neben "männlich" und "weiblich" ist im Geburtenregister künftig auch die Option "divers" für intersexuelle Menschen möglich. Mit dem Beschluss vom 13.12.2018 setzt das Parlament eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 um. Die bisherige Pflicht, einen Menschen zwingend dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuzuordnen, wurde darin als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot gewertet.
Meistens Attest erforderlich
Die Reformpläne der großen Koalition standen allerdings von Anfang an in der Kritik, weil eine Änderung im Geburtenregister auf Drängen der Union an die Vorlage eines ärztlichen Attests geknüpft wird. Diese Regelung wurde in den Ausschussberatungen nur leicht abgeschwächt.
Danach soll nun in wenigen Ausnahmefällen auch eine eidesstattliche Versicherung der Betroffenen ausreichend sein.
Kritik vom LSVD
Der Lesben- und Schwulenverband LSVD zeigte sich trotzdem enttäuscht und kritisierte, Intersexualität werde weitgehend auf körperliche Abweichungen eingeengt. LSVD-Vorstandsmitglied Henny Engels betonte, "dass sich das Geschlecht nicht allein nach körperlichen Merkmalen bestimmen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird".
CDU: Staatliches Interesse an Personenstandsregister mit Beweiskraft
Der CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann verwies hingegen auf das staatliche Interesse an einem Personenstandsregister mit Beweiskraft. Dies lasse keine Selbsteinschätzung nach subjektiven Empfindungen zu. Noch deutlicher wandte sich die AfD gegen eine solche Möglichkeit.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Beatrix von Storch betonte: "Die Geschlechtszugehörigkeit ist seit Bestehen der Menschheit ein objektives Faktum – so wie Alter und Körpergröße auch."
Redaktion beck-aktuell, 14. Dezember 2018 (dpa).
Zum Thema im Internet
Den ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 19/4669) und die Beschlussempfehlung mit Änderungen (BT-Drs. 19/6467) finden Sie auf der Internetseite des Bundestags.
Aus der Datenbank beck-online
Froese, Tertium datur: Der Abschied von der Binarität der Geschlechterordnung, DÖV 2018, 315
Märker, Drittes Geschlecht?, NZFam 2018, 1
BVerfG, Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen die Verweigerung eines anderen positiven Geschlechtseintrags als "weiblich" oder "männlich" im Geburtenregister, BeckRS 2017, 130176
Aus dem Nachrichtenarchiv
Experten uneins über Attestpflicht für drittes Geschlecht, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 28.11.2018, becklink 2011597
Bundestag diskutiert um Geschlechtsoption "divers" - kommen Nachbesserungen am Gesetz?, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 12.10.2018, becklink 2011198
Gesetzentwurf für dritte Geschlechtsoption "divers" im Geburtenregister vorgelegt, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 09.10.2018, becklink 2011160
Kabinett beschließt dritte Geschlechtsoption "divers" im Geburtenregister, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 16.08.2018, becklink 2010700
BVerfG, Fehlende Möglichkeit eines dritten Geschlechtseintrags im Geburtenregister verfassungswidrig, Meldung der beck-aktuell-Redaktion vom 01.02.2018, becklink 2008273