Problematik zu vieler Bewerbungen bleibt
"Selbst wenn wir 10% mehr Ärzte ausbilden würden als heute, gäbe es immer noch weit mehr Bewerber als Studienplätze", sagte der Generalsekretär des Medizinischen Fakultätentages, Frank Wissing, der dpa. Derzeit werden jährlich rund 11.000 der bis zu 50.000 Bewerber für ein Medizinstudium an den öffentlichen Hochschulen zugelassen. "Nach einer Reform könnte die Zahl der Bewerber noch einmal steigen", sagt Wissing. Denn man dürfte dann auch mit etwas schlechteren Noten bessere Chancen haben. "Daran, dass wir gute Bewerber abweisen müssen, wird sich leider nichts ändern."
BVerfG ordnete Neuregelung des Vergabeverfahrens an
Das Verfahren zur Vergabe von Medizin-Studienplätzen muss sich ändern. Karlsruhe hatte am 19.12.2017 entschieden, dass es teils verfassungswidrig ist und bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Heute haben fast nur Einser-Abiturienten eine Chance, für viele gelten Wartezeiten von bis zu 15 Semestern. Die Richter verlangten unter anderem transparentere Verfahren, mehr Vergleichbarkeit der Abinoten und weniger Wartezeit.
Länder wollen Entwurf bis Ende Juni 2018 vorlegen
Ein Sprecher der Kultusministerkonferenz (KMK) sagte, die KMK-Gremien berieten derzeit über das weitere Vorgehen. Eine verbindliche Positionierung des Bundes sei abzuwarten. Aber vieles deute auf eine Anpassung des "Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung" hin. Wie ein der dpa vorliegender Zeitplan der Länder zeigt, wollen diese bis Juni 2018 den Entwurf für eine Änderung des Staatsvertrags erarbeiten. Der Bund will sich weitgehend heraushalten. "Der im Urteil formulierte Regelungsauftrag richtet sich nach dem Verständnis der Bundesregierung primär an die Länder", schreibt das Bildungsressort in seiner Antwort auf die Grünen-Anfrage.
Grünen-Sprecher kritisiert Passivität der Bundesregierung
Deren hochschulpolitische Sprecher Kai Gehring kritisierte: "Die Bundesregierung geht mit dieser Passivität ein hohes Risiko ein." Sollten die Länder bei der Überarbeitung ihres Vertrags in Verzug oder Konflikt geraten, drohe Chaos. "Denn das für verfassungswidrig erklärte Zulassungsverfahren gilt ab dem 01.01.2020 nicht mehr." Ohne Neureglung drohe eine Klagewelle von Studienbewerbern.
Noch allerhand Klärungsbedarf bei Ländern
Eine der dpa vorliegende Vorlage für die Kultusminister der Länder zeigt, dass diese noch allerhand Klärungsbedarf haben, wie die Vorgaben der Richter umgesetzt werden sollen. Entschieden werden müsse etwa, ob die Wartezeit begrenzt oder die bestehende Quote bei der Plätzevergabe nach Wartezeit ganz aufgehoben werden solle. Nötig seien "zeitnahe Richtungsentscheidungen", heißt es in dem Länderpapier. Möglich seien aber auch Übergangsregelungen.
Medizinische Fakultäten: Auch Hochschulen sollten Bewerber auswählen können
Wissing sagte: "Wir wünschen uns einen großen Wurf und ein neues, robustes Verfahren statt Reparaturarbeiten und Klein-Klein." Innerhalb der Fakultäten gebe es viel Unzufriedenheit. So habe die Wartezeitquote eine hohe Abbrecherquote erzeugt – sie müsse komplett abgeschafft werden. "Angesichts der hohen Bewerberzahlen brauchen wir ein zentrales Auswahlverfahren, zugleich müssen wir den Hochschulen die Möglichkeit lassen, Studierende entsprechend ihrem Profil auszuwählen", forderte Wissing. Ein Vorschlag von Medizin-Fakultäten und -studierenden sieht eine bundesweite Auswahl nach Abinote, Studierfähigkeit, praktischer Erfahrung und einem Test vor. Die Hälfte der Plätze solle so vergeben werden, die andere über Auswahlgespräche der Hochschulen.
Studentenwerk fordert gleiche Chancen für sozialschwächere Bewerber
Betroffene sind laut Deutschem Studentenwerk oft mit großen Belastungen konfrontiert. "Natürlich ist es belastend, wenn man seinen Berufswunsch nicht absehbar erfüllen kann", sagte Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde der dpa. Die Politik müsse für Gleichbehandlung sorgen. So müssten Bewerber Kosten erstattet bekommen, wenn sie zu mehreren Hochschulen reisen, um sich vorzustellen. Sonst würden sozialschwächere Bewerber benachteiligt, die sich das nicht gut leisten könnten. Viele versuchten heute auch, mit einer Klage doch noch zu einem Studienplatz zu kommen. Dieser Weg stehe allerdings meist nur denen offen, die sich die Anwaltskosten leisten könnten.
Bundesärztekammer für mehr Studienplätze
Die Bundesärztekammer fordert, nach dem Zuwachs der Medizinstudienplätze in den vergangenen Jahren deren Zahl um weitere 10% zu steigern, wie ein Sprecher sagte.