Griechisches Gericht nicht zuständig: Schleuser nach Bootunglück vorerst wieder frei

Hunderte Geflüchtete kamen bei dem Untergang eines Bootes im Mittelmeer ums Leben. Nun hat ein griechisches Gericht die mutmaßlichen Schleuser vorerst freigelassen. Begründung: Griechenland ist nicht zuständig.

Das Unglück ereignete sich im Juni 2023. Ein Fischkutter steuerte von der libyschen Hafenstadt Tobruk in Richtung Europa, ging aber unter, bevor er an seinem Ziel ankam. Schätzungsweise 600 Menschen verloren dabei ihr Leben, lediglich 104, unter ihnen die Beschuldigten, hatten den Schiffsuntergang überlebt. Nach Angaben von Überlebenden waren die meisten Passagiere unter Deck eingesperrt und konnten sich nicht befreien. Auch eine Bergung der Opfer wurde wegen der Meerestiefe von 5000 Metern am Unglücksort bald ausgeschlossen.

Die Angeklagten beteuerten ihre Unschuld: sie selbst hätten für die Überfahrt bezahlt. Andere Überlebende hingegen identifizierten die Männer als jene, die das Boot gesteuert und teils mittels Gewalt für Ruhe und Ordnung gesorgt hätten.

Die Richterinnen und Richter befragten zum Prozessauftakt zwei Vertreter der griechischen Küstenwache darüber, wo das Unglück genau stattgefunden habe. Beide Männer antworteten jeweils "in internationalen Gewässern", weshalb sich das Gericht für nicht zuständig erklärte und der Argumentation der Verteidigung folgte. Anschließend wurden die neun Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren, die seit dem Unglück in Untersuchungshaft saßen, freigelassen. Welches Gericht den tragischen Fall nun klären soll, stand zunächst nicht fest.

Vorgehen der griechischen Küstenwache wurde kritisiert

Bereits vor dem Prozess kam es am Morgen zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und mehreren Demonstrantinnen und Demonstranten, die sich für die Rechte von Migrantinnen und Migranten einsetzen und den Prozess verfolgen wollten.

Der griechischen Küstenwache wurde vorgeworfen, das Boot nicht in Sicherheit gebracht zu haben. Die Beamten gaben an, mehrfach Hilfe angeboten zu haben, die aber von der Crew mit dem Hinweis abgelehnt worden sei, man wolle nach Italien, nicht nach Griechenland. Mit Zwang hätten die Wasserpolizisten das Boot nicht ins Schlepptau nehmen wollen, hieß es. Sie befürchteten laut eigener Aussage, dass an Bord des völlig überfüllten Kutters Panik ausbrechen könnte.

Weitere Augenzeugenberichte zeichneten ein anderes Bild. Manchen Zeugen zufolge nahm die Küstenwache das Boot doch ins Schlepptau, woraufhin Panik ausbrach und der Kutter kippte. Anderen zufolge brach die Panik an Bord ohne das Zutun der Küstenwache aus.

Redaktion beck-aktuell, js, 21. Mai 2024.