Sorgen um Traffic-Verlust wegen KI: Gegenwehr kommt auf
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Google hat seine klassische Suchfunktion durch ein KI-Sprachmodell erweitert. In den USA laufen bereits Gerichtsverfahren. Trotz komplizierter Rechtslage: „Friss oder stirb ist out“, meint Malte Baumann.

Rotweinflecken sind ärgerlich und erfordern schnelles Handeln. Gebe ich bei Google hastig die Suchanfrage: „Wie entferne ich einen Rotweinfleck?“ ein, bekomme ich die Antwort gleich präsentiert. Ich kann lebenserhaltende Sofortmaßnahmen für meinen Teppich einleiten. Dafür muss ich keine Webseite mehr aufrufen. Unter der Überschrift „Übersicht mit KI“ erhalte ich alle wesentlichen Informationen.

Diese Funktion (AI Overview) bündelt Informationen von verschiedenen Webseiten und zeigt sie oberhalb der gewohnten Suchergebnisse an. In meinem Fall wird auf elf weiterführende Webseiten verwiesen. Wer besonderes Interesse an der Kunst der Fleckenentfernung hat, wird vielleicht noch einen der weiterführenden Links anklicken. Die gewöhnlichen Suchergebnisse darunter werden oftmals ignoriert. Wenn man es als Webseite mit vornehmlich informativen Inhalten also nicht in die KI-Übersicht schafft, hat man bereits einen deutlichen Nachteil. Das Ranking wirkt sich auf den Traffic aus. Die Sorge: Nutzer bleiben weg, Einnahmequellen versiegen. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hat beispielsweise Bedenken, dass der eigene Traffic unter den KI-Zusammenfassungen leiden könnte. Gleichzeitig entwickelt Google sich weiter Richtung Inhalteanbieter.

Wie funktioniert das Ganze? Legt man hier das Patent Nummer US11769017B1 zugrunde, passiert grob Folgendes:

1. Das System nimmt die Suchanfrage und sonstigen Kontext entgegen.

2. Es werden relevante Suchergebnisse gesucht und gesichtet.

3. Das Large Language Model (LLM) wird angewiesen, die relevanten Suchergebnisse zusammenzufassen.

4. Das Ergebnis wird für den Nutzer aufgearbeitet und Links zu den Quellen hinzugefügt.

5. Die KI-Zusammenfassung wird auf Grundlage der Nutzerinteraktion überarbeitet.

Die klassische Google-Suchfunktion wird also durch ein KI-Sprachmodell erweitert und das Suchergebnis ergänzend auf Basis der konkreten Suchanfrage durch ein KI-Modell ausgewertet.

Viele Anbieter werden nun ihre Webseiten daraufhin optimieren, um es möglichst in die KI-Übersicht zu schaffen. Einige werden sich aber auch fragen, ob es überhaupt zulässig ist, dass die Suchmaschine ihre Inhalte auswertet und daraus eine Zusammenfassung generiert.

Inhalteanbieter klagen wegen des Traffic-Einbruchs auf ihren Seiten bereits gegen Google (Chegg Inc. v. Google, No. 1:25-cv-00543-APM). Interessant ist, dass sie sich nicht auf das Urheberrecht stützen, sondern auf das Kartellrecht. Chegg Inc. wirft Google den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine vor. Tatsächlich ist die urheberrechtliche Bewertung des Vorgangs komplex:

Die Zusammenfassung selbst ist oft keine Urheberrechtsverletzung

Viele Inhalte der betroffenen Webseiten werden in der Regel urheberrechtlich geschützt sein. Das betrifft aber immer nur die konkrete Ausdrucksform, nicht die bloße Sachinformation. Die Sachinformation ist nicht umfasst. Heißt: Die konkrete Formulierung und unter Umständen auch die Auswahl sowie Anordnung des Inhalts können Schutz genießen, aber nicht die bloße Tatsache, dass Salz Flüssigkeiten aufnehmen kann. Wenn nun die KI Sachinformationen aus verschiedenen Quellen zieht, diese zusammenfasst und neu aufbereitet, wird die Zusammenfassung selbst in der Regel keine Urheberrechte Dritter verletzen. Anders ist es dann, wenn längere konkrete und hinreichend individuelle Formulierungen aus der Quelle übernommen werden.

Entsprechendes gilt für das Leistungsschutzrecht der Presseverleger. Auch dieses schützt nicht die in der Presseveröffentlichung enthaltenen Tatsachen, sondern nur die konkrete Ausdrucksform, mit der sie dargestellt werden.

Wenn schon nicht der Output Rechte verletzt, dann vielleicht der Input?

Interessanter könnte die Input-Seite sein. Also die Betrachtung, woher die KI ihre Informationen bezieht. Hier ist das Training einer KI von der Verarbeitung von Webseiteninhalten durch eine bereits mit Inhalten gefütterte KI zu unterscheiden.

Beim Training kommt es zu Vervielfältigungen der genutzten Daten, zumindest bei der Erstellung der Trainingsdatenbank. Allerdings ist hier deutsches oder europäisches Urheberrecht im ersten Schritt oft nicht maßgeblich. Hier gilt das Territorialitätsprinzip: Wenn die Vervielfältigung der Webseiteninhalte für das Training einer KI auf amerikanischen Servern stattfindet, richtet sich die urheberrechtliche Zulässigkeit zunächst nach dortigem Recht. Entscheidend ist dann, ob die Vervielfältigungen einen  fair use darstellen (dazu Thomson Reuters v. Ross Intelligence, No. 1:20-cv-613-SB).

Europäisches Urheberrecht ist dennoch nicht gänzlich abzuschreiben: So müssen Anbieter von KI-Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck nach Artikel 53 Abs. 1 Buchst. c KI-VO sicherstellen, dass ihre Modelle möglichst mit dem europäischen Urheberrecht im Einklang sind, wenn sie sie in der EU in Verkehr bringen. Wenn dem KI-System AI Overview also ein eigenes KI-Modell mit allgemeinem Verwendungszweck zugrunde liegt, könnte durch die Hintertür wieder das europäische Urheberrecht maßgeblich werden.

Das europäische Urheberrecht kennt allerdings eine Text-und-Data-Mining-Schranke (Artikel 4 DSM-RL, umgesetzt in § 44b UrhG). Diese Beschränkung der urheberrechtlichen Befugnisse gestattet die automatisierte Analyse von digitalen Werken, um daraus Informationen zu gewinnen. Nach überwiegender Auffassung sollen davon auch die Erstellung von Trainingsdatensätzen und das anschließende Training der KI gestattet sein – ohne Zustimmung der Rechteinhaber und ohne Vergütung. Wenn also Google seine KI mit frei zugänglichen Quellen füttert, um sie anzulernen, ist das nach dieser vorherrschenden Ansicht zulässig. Das Einzige, was Webseitenbetreiber dagegen machen können, ist einen maschinenlesbaren Opt-out zu erklären. Dazu stehen auch mittlerweile einige Instrumente zur Verfügung.

Im Fall AI Overview gibt es vermutlich noch einen zweiten Schritt: Die Verarbeitung von Webseiteninhalten durch ein KI-System aufgrund der konkreten Nutzeranfrage. Auch hier kommt es zu vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen im Arbeitsspeicher des Systems. Ob auch eine solche Input-Verarbeitung von der Text-and-Data-Mining-Schranke gedeckt ist, ist noch ziemlich ungeklärt – auch wenn der Wortlaut dies nahelegt. Zudem ist denkbar, dass hier eine andere Schranke greift: die der vorübergehenden Vervielfältigung (§ 44a UrhG), die flüchtige Vervielfältigungen im Rahmen von technischen Vorgängen gestatten kann. Aber auch darum wird noch gestritten.

Der Opt-out

Nun könnte man sich auf den Standpunkt stellen: Wozu in juristische Untiefen begeben? Die Webseitenanbieter sollen einfach einen Opt-out erklären, der Google die Nutzung der Inhalte für AI Overview verbietet.

Das ist so gezielt aber gar nicht möglich. Es gibt schlicht keinen Opt-out, der nur auf AI Overview zugeschnitten wäre. Webeseitenbetreiber können beispielsweise einen Ausschluss für alle Formen von Snippets erklären (für die gesamte Webseite oder Teile davon). Dann fehlen den normalen Suchergebnissen aber ebenfalls die kurzen Teaser-Texte. Das macht die Darstellung in der üblichen Suchergebnisliste unattraktiver: Der Nutzer will schließlich wissen, was ihn hinter dem Link erwartet.

Möglich ist also:

<meta name="robots" content="nosnippet">

Aber nicht:

<meta name="robots" content="noaioverview">

Stattdessen kann man noch zum Radikalschlag ansetzen und die Webseite gar nicht erst indexieren lassen – weder bei den normalen Suchergebnissen noch bei AI Overview.

<meta name="robots" content="noindex">

Hier büßt die Webseite aber jegliche Sichtbarkeit ein – fernab von einer idealen Lösung.

Mittlerweile lassen sich Webseiten sogar für das Training von generativen KI-Modellen wie Bard oder Google Cloud Vertex sperren, aber eben nicht für AI Overview. Hier fehlt schlicht eine entsprechende Feinjustierung im Werkzeugkasten, den Google bereitstellt.

Und hier kommt nun der Schlenker zurück zum Kartellrecht und anderen Marktregulierungsinstrumenten.

Marktversagen und Marktregulierung

Google besitzt als Suchmaschinenbetreiber eine marktbeherrschende Stellung. Genau hier setzt die oben erwähnte Klage von Chegg Inc., einem Anbieter von online Lernmaterialien, gegen Google in den USA an. Chegg Inc. argumentiert, der Suchmaschinenbetreiber missbrauche seine marktbeherrschende Stellung, indem es Chegg Inc. letztendlich dazu zwinge, Inhalte gratis für Googles KI bereitzustellen.

Auch die Wettbewerbshüter der EU haben Google längst im Blick. Die Europäische Kommission hat bereits 2017 eine Geldbuße von 2,42 Mrd. EUR gegen Google verhängt. Begründung: Google habe seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es seinem eigenen Preisvergleichsdienst einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft habe. Handelt es sich bei AI Overview unter Umständen auch um eine Art Selbstbegünstigung eines neuen eigenen Inhaltedienstes? Oder ist AI Overview noch integraler Teil des eigentlichen Suchdienstes?

Der Digital Markets Act verbietet Gatekeepern wie Google übrigens mittlerweile auch, eigene Dienste in Rankings ungerechtfertigt zu bevorzugen. Daneben müssen gewerbliche Nutzer auch unter fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu den Diensten des Gatekeepers haben. Hier könnte man sich ebenfalls daran stoßen, dass AI Overview zu akzeptieren ist, wenn man mit Snippets gelistet werden will.

Daneben gilt ab August 2025 das Europäische Medienfreiheitsgesetz (EMFA). Ob sich hieraus ein Anspruch auf ein Listing ohne AI Overview ableiten lässt, ist fraglich. Allerdings haben die Nutzer ein Recht auf individuelle Anpassung des Medienangebots.

Gatekeeper wie Google werden also zunehmend in die Pflicht genommen – Friss oder stirb ist out. Auch wenn AI Overview schon so manchen Teppich gerettet haben wird.

Dr. Malte Baumann ist Anwalt bei der Kanzlei NORDEMANN in Berlin und befasst sich in seiner Praxis schwerpunktmäßig mit technologiebezogenem Urheberrecht, KI und digitalen Geschäftsmodellen.

Gastbeitrag von Dr. Malte Baumann, 6. Mai 2025.

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