Demonstrationen vielerorts quasi oder faktisch verboten
"Gerade angesichts der aktuell gravierenden Grundrechtsbeschränkungen braucht die Demokratie den friedlichen Protest", sagt Pauline Weller, Juristin und Projektkoordinatorin der GFF. "Genau diese zivilgesellschaftlichen Interventionen geraten im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus momentan unter die Räder." In Thüringen und Bayern kämen die Regelungen letztlich einem Verbot von Demonstrationen und Versammlungen gleich, in anderen Bundesländern scheiterten Versammlungen an den Ausgangsbeschränkungen. Dass es anders gehe, zeige Münster: Nach einem Eilantrag bei Gericht habe die zuständige Behörde eine Mahnwache gegen einen unmittelbar bevorstehenden Uranmüll-Transport von Gronau nach Russland unter Auflagen letztlich zugelassen.
GFF und Greenpeace fordern Einzelfallprüfung
Die GFF und Greenpeace fordern die Bundesländer auf, in jedem Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen und Versammlungen nicht zu verbieten, wenn das Infektionsrisiko durch Schutzmaßnahmen minimiert werden kann. Der Staat müsse dafür sorgen, dass Demonstrationen, die Maßnahmen gegen die Ansteckungsgefahr beachteten, soweit wie möglich ungestört stattfinden können, sagt Greenpeace-Expertin und Juristin Anna von Gall. Besonders im Hinblick auf die Beschränkungen der Versammlungsrechte schössen die Länder oft über das hinaus, was die Bund-Länder-Vereinbarungen vorsähen – und was aus verfassungsrechtlicher Sicht verhältnismäßig wäre. Am 05.04.2020 löste die Polizei etwa an mehreren Orten Demonstrationen des Bündnisses #LeaveNoOneBehind auf, die in Form von "individuellen Spaziergängen" durchgeführt werden sollten.