GFF-Studie: Ausländerzentralregister verletzt Datenschutzstandards

Das Ausländerzentralregister (AZR) verletzt Datenschutzstandards und Grundrechte Millionen Betroffener. Dies ist das Fazit einer gestern veröffentlichten Studie der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF). Besonders betroffen seien demnach Geflüchtete. Mit etwa 26 Millionen personenbezogenen Datensätzen ist das AZR eines der umfangreichsten automatisierten Register. Es steht mehr als 16.000 öffentlichen Stellen zur Verfügung.

Geflüchtete besonders betroffen

Die Studie der GFF untersucht, welche Daten aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen das AZR über Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland speichert, wie diese Daten nahezu allen deutschen Behörden zugänglich sind und welche Schutz- und Kontrollmechanismen es auf dem Papier und in der Realität gibt. Das AZR verletze dort Grundrechte und Datenschutzstandards, wo zusätzlich zu den Grunddaten unzählige weitere Datensätze gespeichert würden, die dann zum Beispiel von Sicherheitsbehörden für völlig andere Zwecke genutzt werden könnten, sagt Sarah Lincoln, Juristin bei der GFF und Autorin der Studie. Hiervon besonders betroffen seien Geflüchtete, über die neben Grundpersonalien, Adresse, Foto und aufenthaltsrechtlichen Angaben auch biometrische Daten sowie Angaben zu Gesundheit, Bildung, Familie und Fluchtgründen gespeichert würden. Der Umfang der gespeicherten, teils hochsensiblen Daten sei unverhältnismäßig, so Lincoln.

Hohes Missbrauchspotenzial

Die Studie zeigt auch ein Folgeproblem dieser Datenfülle auf: Dadurch, dass hunderttausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ausländerbehörden, Polizei- und Strafverfolgungsbehörden, Nachrichtendiensten, Jobcenter, Jugendämtern und Gerichten auf die Daten zugreifen könnten, sei das Missbrauchspotenzial enorm. Im schlimmsten Fall könnten Daten wie Adresse, sexuelle Orientierung oder politische Überzeugung in die Hände von rassistisch motivierten Straftätern oder Verfolgerstaaten geraten und Betroffene in Lebensgefahr bringen, warnt Lincoln.

GFF bereitet sich auf Klagen vor

Laut der Studie fehlt es außerdem an effektiven Kontrollmechanismen und Transparenz. Die GFF habe 13 Betroffene dabei unterstützt, Auskunft zu den über sie im AZR gespeicherten Daten zu beantragen. Das Fazit: Das Antragsverfahren sei mühsam, die Antworten verzögerten sich monatelang und seien unvollständig. Lincoln kritisiert zudem eine erhebliche Diskriminierung: "Eine derart umfangreiche Datensammlung über deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, auf die unter anderem alle Polizeibehörden nach Belieben zugreifen können, wäre undenkbar." Gemeinsam mit Betroffenen plant die GFF nun, auf dem Klageweg gegen die geltenden Regelungen des AZR vorzugehen.

Redaktion beck-aktuell, 14. Januar 2022.