Gewerkschaften fordern mehr Mitbestimmung bei digitaler Umwälzung

Vor dem Digital-Gipfel der Bundesregierung mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordern Deutschlands Gewerkschaften mehr Mitbestimmung der Beschäftigten bei der Digitalisierung. Unternehmen und Politik haben aus Gewerkschaftssicht bei der Einbeziehung der Arbeitnehmenden in die Umwälzungsprozesse bisher einiges versäumt, wie ein Papier des Deutschen Gewerkschaftsbunds zum Digital-Gipfel zeigt, das der dpa vorliegt.

Forderung nach verbindlicher Beteiligung der Betriebsräte bei Digitalisierungsprozessen 

Der Digital-Gipfel der Regierung findet heute und morgen statt. Es soll eine zentrale Plattform sein "zur Gestaltung des digitalen Aufbruchs mit allen daran Beteiligten". Die Regierung will die Digitalisierung nach eigenen Angaben beschleunigen und "ihr Potenzial für Wohlstand, Freiheit, soziale Teilhabe und Nachhaltigkeit" nutzen. Der DGB fordert dafür konkret: "Es sollten verbindliche Regeln im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes definiert werden, um die rechtzeitige Einbindung der Betriebsräte sicherzustellen und die neuen Wege auch in der Breite gangbar zu machen." Oft scheitere eine präventive Mitgestaltung bereits an der mangelhaften Information betrieblicher Interessenvertretungen über die geplante Nutzung von algorithmischen oder KI-gestützten Systemen, so der DGB. Damit ist gemeint, dass Betriebsräte nicht informiert werden, bevor Unternehmen Abläufe digitalisieren. Bislang habe sich die Digitalisierung der Arbeitswelt weitgehend als leeres Versprechen entpuppt, so der Gewerkschaftsbund. Dass die "Menschen im Mittelpunkt" stehen sollten, bleibe oft reine Rhetorik. In Wahrheit hätten sich die Bedingungen für die meisten Beschäftigten verschärft. "Arbeitsverdichtung und Entgrenzung sind prägende Phänomene der digitalen Arbeit", so der DGB. 

DGB warnt vor Entwertung menschlicher Arbeit

"In vielen zentralen Zukunftsfeldern wird es ohne den Einsatz digitaler Systeme nicht funktionieren, auch weil es schlicht an Fachkräften mangelt", stellen die Gewerkschafter fest. Selbst in einem sensiblen Bereich wie der Pflege böten digitale Assistenz- und Automatisierungssysteme große Potenziale zur Entlastung. "Technologie kann die Probleme allein nicht lösen, aber ohne ihre stärkere Nutzung wird es knapp." Gelöst werden müssten aber dringend Zielkonflikte, die sich mit digitalen Systemen verbänden. So könnten digitale Technologien harte Arbeit erleichtern und Arbeitsbelastung vermindern. Aber sie könnten Stress auch erhöhen. Die Risiko aus Gewerkschaftssicht: "Simplifizierung, De-Qualifizierung und eine Entwertung von menschlicher Arbeit". Beschäftigte dürften nicht selbst immer mehr wie Maschinen funktionieren müssen.

Redaktion beck-aktuell, 8. Dezember 2022 (dpa).

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