Gesetzlicher Anspruch auf deutsche Staatsangehörigkeit für Nachkommen von NS-Verfolgten

Durch den Nationalsozialismus Entrechtete und ihre Nachkommen haben ein verbrieftes Recht auf Wiedereinbürgerung. Die Bundesregierung hat heute den vom Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vorgelegten Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes beschlossen. Mit der Neuregelung sollen vor allem gesetzliche Ansprüche zur staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachung geschaffen werden.

2019 Erlassregelungen in Kraft gesetzt

Das Bundesinnenministerium hatte am 30.08.2019 Erlassregelungen in Kraft gesetzt, durch die Nachfahren NS-Verfolgter, die staatsangehörigkeitsrechtlich Nachteile erlitten haben, aber nicht unter den Anspruch aus Art. 116 Abs. 2 GG fallen, die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten können. Berücksichtigt wurden auch Kinder deutscher und früherer deutscher Staatsangehöriger, die bei Geburt vor dem 01.01.1975 beziehungsweise vor dem 01.07.1993 in geschlechterdiskriminierender Weise vom Abstammungserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren, sowie deren Abkömmlinge.

Überleitung in gesetzliche Anspruchsgrundlagen

Die Erlassregelungen sollen nun in einem zweiten Schritt in gesetzliche Anspruchsgrundlagen übergeleitet werden. Damit werde insgesamt ein neuer gesetzlicher Rahmen für das Wiedergutmachungsrecht im Staatsangehörigkeitsgesetz geschaffen, heißt es in der Mitteilung des Bundesinnenministeriums. Das Wiedergutmachungsrecht erhalte dadurch zudem, auch symbolisch, stärkeres Gewicht. Die Bundesregierung bekenne sich ausdrücklich zur historischen Verantwortung Deutschlands auch gegenüber denjenigen, die als Nachfahren deutscher NS-Verfolgter staatsangehörigkeitsrechtliche Nachteile erlitten haben, so das Ministerium.

Ansprüche auf Wiedergutmachungseinbürgerung nicht befristet

Die Bundesregierung erachte es als großen Vertrauensbeweis, wenn die Nachkommen zwangsläufig emigrierter NS-Verfolgter heute wieder die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen. Das Gesetz regele daher auch ausdrücklich, dass der sogenannte Generationenschnitt in den Fällen der staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachung von NS-Unrecht nicht zur Anwendung komme, sodass Ansprüche auf Wiedergutmachungseinbürgerung auch künftig keiner Befristung unterliegen würden.

Generationenschnitt auch beim Geburtserwerb im Ausland nicht anwendbar

Für Abkömmlinge, deren maßgeblicher Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit in der Vergangenheit bereits erhalten hat und die von einem Vorfahren mit NS-Verfolgungshintergrund abstammen, finde der Generationenschnitt auch beim Geburtserwerb im Ausland keine Anwendung. Sie seien dadurch vom Erfordernis befreit, innerhalb eines Jahres nach Geburt einen Antrag auf Beurkundung der Geburt im Geburtenregister zu stellen, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten.

Zehnjähriges Erklärungsrecht

Für alle, die von den früheren geschlechterdiskriminierenden Abstammungsregelungen betroffen seien, weil sie als eheliches Kind von einer deutschen Mutter und einem ausländischen Vater oder als nichteheliches Kind von einem deutschen Vater und einer ausländischen Mutter abstammen und deshalb vom Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausgeschlossen waren, werde ein zehnjähriges Erklärungsrecht geschaffen, mit dem die deutsche Staatsangehörigkeit durch einfache Erklärung in Anspruch genommen werden könne. Anspruchsberechtigt seien alle ab Geltung des Grundgesetzes bis zur Änderung der nicht verfassungskonformen Regelungen über den Abstammungserwerb Geborenen und deren Abkömmlinge. Daneben enthalte der Gesetzentwurf fachtechnische Änderungen, die sich aus der Rechtsprechung und aus der Praxis der Einbürgerungsbehörden ergeben hätten.

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2021.