Referentenentwurf zur Aufzeichnung der strafrechtlichen Hauptverhandlung

Die lange geforderte Aufzeichnung der strafrechtlichen Hauptverhandlung soll jetzt kommen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat einen Referentenentwurf in die Ressortabstimmung gegeben, der die Dokumentation der erstinstanzlichen Sitzungen vor Land- und Oberlandesgerichten vorsieht. Der Entwurf liegt der NJW-Redaktion vor.

Inhaltsdokumentation

Der Entwurf benennt bestehende Probleme bei der Dokumentation der strafrechtlichen Hauptverhandlung klar: Es fehle den Beteiligten bislang an einer objektiven und zuverlässigen Möglichkeit, sich Klarheit über deren Ablauf zu verschaffen. Vor den Amtsgerichten fänden sich zumindest die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmung im Protokoll wieder (§ 273 Absatz 2 Satz 1 StPO), ansonsten würden nur die wesentlichen Förmlichkeiten aufgezeichnet. Die Prozessbeteiligten seien damit zum Schreiben eigener Notizen gezwungen, was auf Kosten der Aufmerksamkeit gehen könne. Zudem könne sich Streit über den wirklichen Ablauf der Sitzung ergeben.

Kein Protokollersatz

Dieser Problematik soll eine Bild-und-Ton-Aufzeichnung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor den LG und OLG abhelfen. Dabei stellt der Entwurf klar, dass es hier nicht um die Etablierung eines Parallelprotokolls oder gar um die Ersetzung der gewohnten Dokumentation gehe. Dementsprechend sollen auch keine unmittelbaren revisionsrechtlichen Konsequenzen mit der Existenz der digitalen Aufzeichnung verbunden sein. Vielmehr solle ein Hilfsmittel geschaffen werden, das der Aufbereitung der Verhandlung diene. 

Schutz des Persönlichkeitsrechts

In die StPO wird dem Entwurf zufolge keine Bedienungsanleitung dafür aufgenommen, wie dies technisch umgesetzt werden soll. Dies sei nicht Aufgabe einer Verfahrensordnung, und die Länder sollten in ihren Wahlmöglichkeiten nicht zu sehr eingeschränkt werden. Betont wird aber, dass die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden müssten: Eine Verbreitung oder Veröffentlichung der Aufnahmen müsse verhindert werden. Besonders gefährdete Personen könnten durch Verpixelung oder durch Wahl eines entsprechenden Kamerawinkels zusätzlich geschützt werden. Ein Pilotprojekt bei einzelnen Staatsschutzsenaten soll 2025 beginnen. Verpflichtend für alle betroffenen Gerichte sollen die Regeln ab 2030 gelten.

Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 16. November 2022.