Gesetzentwurf zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vorgelegt

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 23.06.2020 einen Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vorgelegt. Mit dem im Koalitionsvertrag verabredeten Reformvorhaben soll das aus dem Jahr 1896 stammende Vormundschaftsrecht an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden. Im Focus stehen dabei die Rechte und die Teilhabe der Betroffenen.

Vormundschaftsrecht: Mündel als Subjekt im Zentrum

Mit der Novelle sollen das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht insgesamt neu strukturiert werden. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zur Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst. Im Vormundschaftsrecht soll der Mündel mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum stehen und es sollen sowohl die Personensorge als auch die Pflegeeltern, bei denen die Mündel aufwachsen, gestärkt werden. Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind, nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.

Mehr Selbstbestimmung und Autonomie für Betreute

Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinn von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken. Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.

Bessere Einbindung der Betroffenen in das Verfahren

Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt. Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.

Mindesteignungsvoraussetzungen für Berufsbetreuer

Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Weg einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt. Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden. Der Entwurf sieht schließlich verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.

Vermögensverwaltung soll insgesamt modernisiert werden

Die Verwaltung des Vermögens durch Betreuer und Vormünder soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen. Schließlich sollen sich Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge kraft Gesetzes für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.

Redaktion beck-aktuell, 23. Juni 2020.