Gesetzentwurf zu Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen

Kinder besser vor Missbrauch schützen – dieses Ziel verfolgt ein vom Bundesjustizministerium vorgelegter Gesetzentwurf "Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder", den die Bundesregierung am 21.10.2020 beschlossen hat. Vorgesehen sind darin schärfere Strafen, eine effektivere Strafverfolgung, Verbesserungen bei der Prävention und die Verankerung von Qualifikationsanforderungen in der Justiz

Lambrecht: Verfolgungsdruck erhöhen

"Täter fürchten nichts mehr als entdeckt zu werden. Den Verfolgungsdruck müssen wir deshalb massiv erhöhen. Und wir brauchen höchste Wachsamkeit und Sensibilität für Kinder, die gefährdet sind oder Opfer von sexualisierter Gewalt wurden", erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) beim Vorstellen des Gesetzentwurfs. .

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder wird neu bewertet

Der Gesetzentwurf enthält unter anderem Verschärfungen und Erweiterungen des Strafgesetzbuchs. So sollen die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit dem Begriff "sexualisierte Gewalt gegen Kinder" gesetzlich neu bezeichnet werden, um das Unrecht der Taten klar zu beschreiben. Auch soll der Grundtatbestand der sexualisierten Gewalt gegen Kinder künftig ein Verbrechen sein mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (bisher als Vergehen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht).

Strafverschärfung im Fall von Kinderpornografie

Auch soll die Verbreitung, Besitz und Besitzverschaffung von Kinderpornografie zum Verbrechen hochgestuft werden. Für die Verbreitung von Kinderpornografie sieht der Entwurf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor (bisher drei Monate bis fünf Jahre). Besitz und Besitzverschaffung sollen mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren geahndet werden (bisher bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Das gewerbs- und bandenmäßige Verbreiten soll künftig mit Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren geahndet werden können (bisher sechs Monate bis zehn Jahre). Auch sollen die §§ 174 bis 174c StGB (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und in Abhängigkeitsverhältnissen) um Handlungen mit oder vor Dritten erweitert werden.

Herstellung und Verbreitung kindlicher Sexpuppen soll strafbar werden

Der Gesetzentwurf sieht ferner die Aufnahme einer ausdrücklichen Regelung zur Strafbarkeit von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild in das Strafgesetzbuch vor. Damit soll zugleich der Markt für solche Puppen ausgetrocknet werden. Der Strafrahmen für Herstellung und Verbreitung soll bei bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe liegen; für Erwerb und Besitz bei bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Längere Verjährungsfrist

Beim Straftatbestand der Herstellung kinderpornografischer Inhalte, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, soll zudem die Verjährungsfrist erst mit Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers beginnen.

Prävention und Qualifizierung der Justiz

Der Gesetzentwurf sieht ferner die Einführung besonderer Qualifikationsanforderungen für Familienrichter sowie die Verankerung von Eignungsvoraussetzungen für Verfahrensbeistände vor. Vergleichbares soll für Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte geregelt werden. Diese müssten in Jugendschutzsachen in der Lage sein, mit den kindlichen Opferzeugen verständig und einfühlsam umzugehen.

Kindesanhörung unabhängig vom Alter

Mit der Änderung der Kindesanhörung soll sichergestellt werden, dass das Familiengericht in Kindschaftsverfahren das Kind regelmäßig – unabhängig von seinem Alter – anhört und sich einen persönlichen Eindruck von dem Kind verschafft.

Erweiterte Führungszeugnisse durch längere Fristen

Um Kinder und Jugendliche umfassend zu schützen, sollen die Fristen für die Aufnahme von relevanten Verurteilungen in erweiterte Führungszeugnisse ganz erheblich verlängert werden: bei besonders kinderschutzrelevanten Verurteilungen auf 20 Jahre zuzüglich der Dauer der Freiheitsstrafe.

Effektive Strafverfolgung

In der Strafprozessordnung soll ferner ausdrücklich ein Beschleunigungsgebot für Strafverfahren mit minderjährigen Opferzeugen verankert werden. Auch soll die Anordnung von Untersuchungshaft unter erleichterten Voraussetzungen möglich sein. Ferner soll künftig die Telekommunikationsüberwachung auch bei Ermittlungen wegen des Sichverschaffens oder Besitzes von Kinderpornografie möglich sein. Zudem soll auch in den Fällen des Grundtatbestandes der sexualisierten Gewalt gegen Kinder sowie der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte künftig eine Onlinedurchsuchung und eine Verkehrsdatenerhebung von auf Vorrat gespeicherten Daten angeordnet werden können.

Redaktion beck-aktuell, 21. Oktober 2020.