Gesetzentwurf: Whistleblower sollen besser geschützt werden

Die Bundesregierung will sogenannte Whistleblower im beruflichen Umfeld künftig umfassender schützen und hat dazu einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Laut diesem sollen Unternehmen und Behörden verpflichtet werden, Meldestellen einzurichten, bei denen Verstöße gemeldet werden können. Zudem sollen Whistleblower vor beruflichen Repressalien geschützt werden. Über den Entwurf soll übermorgen in erster Lesung im Bundestag beraten werden.

Unternehmen und Behörden in Pflicht genommen

Das neu zu schaffende "Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen" (Hinweisgeberschutzgesetz - HinSchG) soll dem Entwurf zufolge die wesentlichen Anforderungen und Verfahren an den Hinweisgeberschutz beinhalten. Danach müssen grundsätzliche alle Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten, Unternehmen mit bis zu 249 Mitarbeitenden können dabei Meldestellen gemeinsam aufbauen. Als externe Meldestelle soll grundsätzlich das Bundesamt für Justiz dienen, für einige Bereich sind spezielle Meldestellen vorgesehen. Mit Blick auf das EU-Recht ist der Anwendungsbereich laut Bundesregierung weit gefasst und umfasst neben Arbeiternehmenden auch Beamtinnen und Beamten, Anteilseignerinnen und Anteilseigner sowie Mitarbeitende von Lieferanten und Personen, die bereits vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses Kenntnisse von Verstößen erlangt haben. Die hinweisgebende Person soll laut Entwurf wählen können, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden. Die Identität der hinweisgebenden Person ist in beiden Fällen grundsätzlich vertraulich zu behandeln.

"Gang an die Öffentlichkeit" nur bedingt geschützt

Meldungen sollen auch anonym möglich sein. Es soll laut Entwurf für interne Meldestellen allerdings keine Verpflichtung bestehen, "die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen". Gleiches soll vorbehaltlich spezialgesetzlicher Regelungen auch für die externen Meldestellen gelten. Schutzregelungen sollen in bestimmten Fällen auch greifen, wenn der Whistleblower die Informationen offenlegt, also den Gang an die Öffentlichkeit wählt. Das soll zum einen gelten, wenn auf eine Meldung an eine externe Stelle nicht innerhalb einer bestimmten Frist mit bestimmten Folgemaßnahmen reagiert wurde. Zum anderen soll eine hinweisgebende Person Informationen offenlegen dürfen, wenn sie "hinreichenden Grund zur Annahme" hat, dass beispielsweise "der Verstoß wegen eines Notfalls, der Gefahr irreversibler Schäden oder vergleichbarer Umstände eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann" oder "im Fall einer externen Meldung Repressalien zu befürchten sind".

Nationale Sicherheit von Schutzregelung ausgenommen

Der sachliche Anwendungsbereich umfasst laut Entwurf zahlreiche Rechtsbereiche, dazu zählen Verstöße gegen diverse EU-rechtliche Regelungen, nationales Strafrecht und bestimmte ordnungsrechtliche Regelungen, die bußgeldbewehrt sind und dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Der Entwurf sieht aber Ausnahmen für bestimmte Meldungen vor, etwa über Informationen, "die die nationale Sicherheit oder wesentliche Sicherheitsinteressen des Staates, insbesondere militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Belange des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung oder Kritische Infrastrukturen im Sinne der BSI-Kritisverordnung betreffen".

Schutz vor Repressalien

Nach einer Meldung soll die Meldestelle laut Entwurf Folgemaßnahmen ergreifen müssen. Dazu gehören unter anderem interne Untersuchungen oder die Einstellung des Verfahrens aus "Mangel an Beweisen". Verfahren können zu weiteren Untersuchungen auch an eine zuständige Arbeitseinheit oder eine zuständige Behörde abgegeben werden. Für Whistleblower und bestimmte andere Personen gilt nach einer Meldung ein Schutz vor Repressalien beziehungsweise vor einer Drohung damit. Nach einer Meldung erfolgte "Benachteiligungen" einer hinweisgebenden Person "im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit" sollen laut Entwurfstext vermutet werden, dass es sich um eine Repressalie handelt. "In diesem Fall hat die Person, die den Whistleblower benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte", heißt es im Entwurf weiter. Bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien soll dem Entwurf zufolge eine Schadenersatzpflicht durch den Verursacher bestehen. Whistleblower sollen im Gegenzug für den Schaden aufkommen, "der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist".

Umsetzung einer EU-Richtlinie

Mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf (BT-Drs. 20/3442) soll auch die Hinweisgeberschutz-Richtlinie der Europäischen Union ((EU) 2019/1937, 2020/1503) umgesetzt werden. Diese hätte bereits bis zum 17.12.2021 erfolgt sein müssen. Gegen Deutschland läuft deswegen - wie auch gegen zahlreiche andere EU-Länder - ein von der EU-Kommission angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren. Gleichzeitig reagiert die Regierung eigenen Angaben zufolge mit der Gesetzesvorlage auf die zu Whistleblowern ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme unter anderem um Prüfung und Klarstellung gebeten, wie mit kommunalen Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts einerseits und in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts andererseits zu verfahren ist. Die Bundesregierung will ihre Gegenäußerung zur Stellungnahme nachreichen.

Gitta Kharraz, 27. September 2022.