Pflicht multinationaler Unternehmen zu länderbezogenen Ertragsteuerinformationen geplant

Multinationale umsatzstarke Unternehmen und Konzerne müssen künftig länderbezogen Ertragsteuerinformationen veröffentlichen. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den das Bundesjustizministerium (BMJ) heute veröffentlicht hat. Mit dem geplanten Gesetz soll in erster Linie die EU-Richtlinie 2021/2101 umgesetzt werden. Daneben sollen im Handelsbilanzrecht punktuelle weitere Änderungen vorgenommen werden.

Umsetzung der EU-Vorgaben zum "public Country by Country Reporting"

Die Richtlinie zielt darauf ab, Ertragsteuerinformationen multinationaler umsatzstarker Unternehmen und Konzerne, die in der EU entweder ansässig sind oder aber Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen einer bestimmten Größe haben, transparent zu machen. Die Berichterstattung über Ertragsteuerinformationen soll aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten der EU und bestimmten weiteren Steuerhoheitsgebieten, in denen eine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, erfolgen (sogenanntes public Country by Country Reporting). Die Richtlinie ist bis zum 22.06.2023 in das deutsche Recht umzusetzen.

Umsatzerlöse entscheiden über Berichtspflicht

Im Rahmen der Umsetzung der EU-Vorgaben zum public Country by Country Reporting sollen bestimmte im Inland ansässige konzernunverbundene Unternehmen und oberste Mutterunternehmen verpflichtet werden, einen Ertragsteuerinformationsbericht zu erstellen und im Unternehmensregister offenzulegen. Voraussetzung ist, dass die Umsatz-/Konzernumsatzerlöse in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren weltweit jeweils einen Betrag von 750 Millionen Euro übersteigen. Ausgenommen sollen dem Entwurf zufolge CRR-Kreditinstitute sein, wenn sie nach den einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben einen länderbezogenen Bericht veröffentlichen. Bei außerhalb der EU ansässigen konzernunverbundenen Unternehmen und obersten Mutterunternehmen, die vergleichbar umsatzstark und im Inland über ein mittelgroßes oder großes Tochterunternehmen oder eine Zweigniederlassung vergleichbarer Größe tätig sind, soll der Ertragsteuerinformationsbericht von jenem Tochterunternehmen respektive jener Zweigniederlassung beschafft und offengelegt werden müssen. Sofern kein gesetzeskonformer Bericht erlangt werden kann, hat das Tochterunternehmen respektive die Zweigniederlassung eine entsprechende Erklärung und mit den verfügbaren Angaben selbst einen Ertragsteuerinformationsbericht zu erstellen und offenzulegen. Die Pflichten sollen nach dem Gesetzentwurf nicht bestehen, wenn das Nicht-EU-Unternehmen einen gesetzeskonformen Ertragsteuerinformationsbericht auf seiner Internetseite veröffentlicht und der Bericht von zumindest einem Tochterunterunternehmen/einer Zweigniederlassung in der EU offengelegt wird.

Einzelne Pflichtangaben im Überblick

Für die Erstellung des Ertragsteuerinformationsberichts sollen unter anderem detaillierte inhaltliche Vorgaben zu den einzubeziehenden Unternehmen (§ 342g HGB-E), den Pflichtangaben (§ 342h und § 342j HGB-E) und dem länderbezogenen Ausweis (§ 342i HGB-E) gemacht werden. Zu den Pflichtangaben zählen beispielsweise die Art der Geschäftstätigkeit, die Zahl der Arbeitnehmer, die Erträge, der Gewinn/Verlust vor Ertragsteuern, die für den Berichtszeitraum zu zahlende und die in diesem Zeitraum gezahlte Ertragsteuer sowie der Betrag der einbehaltenen Gewinne. Dabei soll der Bürokratieaufwand so gering wie möglich gehalten werden, verspricht das BMJ. Zudem soll den betroffenen Unternehmen unter anderem auch gestattet werden, bestimmte Angaben bei entsprechender Begründung zeitweise nicht in den Ertragssteuerinformationsbericht aufzunehmen, wenn ihre Offenlegung der Marktstellung des Unternehmens, auf das sie sich beziehen, einen erheblichen Nachteil zufügen würde (§ 342k HGB-E).

Weitere Neuerungen im Überblick

Ferner soll den Unternehmen freigestellt werden, ob sie den Ertragssteuerinformationsbericht – zusätzlich zur Offenlegung im Unternehmensregister – auf ihrer Internetseite veröffentlichen oder auf ihrer Internetseite nur einen Hinweis auf die Webseite des Unternehmensregisters aufnehmen (§ 342n HGB-E). Ferner soll sich die Prüfung des Aufsichtsrats nach § 171 AktG künftig auch auf den Ertragsteuerinformationsbericht erstrecken und die Jahresabschlussprüfer sollen künftig auch prüfen müssen, ob die zu prüfende Gesellschaft zur Offenlegung eines Ertragsteuerinformationsberichts verpflichtet war und ob sie ihrer Pflicht nachgekommen ist (§ 317 Absatz 3b HGB-E). Über das Ergebnis der Prüfung ist im Bestätigungsvermerk Auskunft zu geben (§ 322 Absatz 1 Satz 4 HGB-E). Ferner soll die Durchsetzung der Offenlegungspflichten dem Bundesamt für Justiz übertragen werden. Dieses soll bei Säumnis Ordnungsgelder und bei inhaltlichen Verstößen Bußgelder verhängen können.

Änderungen im Handelsbilanzrecht

Des Weiteren enthält der Entwurf Änderungen im Handelsbilanzrecht. So soll unter anderem die Pflicht von inländischen Zweigniederlassungen zur Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen der Hauptniederlassung nach § 325a HGB künftig auch für Kapitalgesellschaften bestehen, wenn diese ihren Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums haben. Dabei soll die Definition von "verbundenen Unternehmen" in § 271 Abs. 2 HGB mit dem Ziel einer besseren Offenlegung der Verbundbeziehungen im Jahresabschluss klarer und weiter gefasst werden. Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt. Sie haben nun Gelegenheit, bis zum 31.10.2022 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.

Gitta Kharraz, 4. Oktober 2022.