Abgeordnete von Grünen, SPD und Linken bangen um einen Gesetzentwurf, der die Strafbarkeit von Abtreibungen in der Frühschwangerschaft aufheben soll. Mehrere Mitglieder des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, wo der entsprechende Entwurf derzeit beraten wird, appellierten an Union und FDP, den Weg für eine Abstimmung im Bundestag freizumachen. Sie befürchten, dass dies durch taktische Verzögerungen im Ausschuss vor der Bundestagswahl nicht mehr gelingen könnte.
"Wir haben noch eine Möglichkeit, zum Abschluss zu kommen mit unserem Gesetzentwurf. Ich fordere Union und die FDP auf, das auch möglich zu machen", sagte die SPD-Politikerin Carmen Wegge der dpa. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, appellierte an CDU-Chef Friedrich Merz und seine Fraktion, einzulenken. Die Reform des Abtreibungsrechts werde von einer "großen Mehrheit" im Land unterstützt, sagte Haßelmann der dpa. "Wenn Friedrich Merz das anders sieht, ist es so. Wir sollten aber den Abgeordneten die Gelegenheit geben, im Bundestag darüber zu debattieren."
Gemeint ist die finale Abstimmung über einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, den 328 Bundestagsabgeordnete offiziell unterstützen, und dem damit nur 39 Stimmen für eine Mehrheit im Parlament fehlen. Zuletzt hatten sich mehrere Unterstützer des Antrags zuversichtlich geäußert, diese Mehrheit noch vor der Neuwahl im Februar zustande zu bekommen.
Union und AfD wollen an jetziger Regelung festhalten
Der maßgeblich von Grünen und SPD vorangetriebene Entwurf sieht unter anderem vor, dass Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetz herausgenommen werden. Abtreibungen sollen bis zur zwölften Woche rechtmäßig werden. Die Pflicht zur Beratung soll bestehen bleiben. Bislang ist eine Abtreibung in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Geregelt ist dies in § 218 StGB – den die Antragsinitiatoren per Gesetzesänderung abschaffen wollen.
Wenn ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor beraten lässt, ist der Abbruch auch nach der heutigen Regelung nicht strafbar. Ohne Strafe bleibt ein Abbruch auch, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung vorgenommen wird. Auf diese bereits geltenden Regeln verweisen auch Politiker von Union und AfD, die den Antrag für eine Legalisierung strikt ablehnen. Die Unterstützer der Initiative argumentieren dagegen, dass Ärzte und betroffene Frauen durch die grundsätzliche Strafbarkeit stigmatisiert würden. Im Dezember debattierten die Abgeordneten erstmals über den Umgang mit § 218 StGB.
Zu wenig Zeit: Linke fordern frühere Anhörung oder zusätzlichen Sitzungstag
Clara Bünger, Obfrau der Gruppe Die Linke im Rechtsausschuss, geht nach eigenen Worten nicht mehr davon aus, dass die Legalisierung bald kommen wird. Der Ausschuss, dem die Union vorsitzt, habe die Anhörung zum Antrag auf den 10. Februar 2025 terminiert. "Unter diesen Voraussetzungen ist nahezu ausgeschlossen, dass der Gesetzentwurf zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs noch vor der Wahl beschlossen werden kann", sagte sie der dpa.
Aus ihrer Sicht gibt es nur noch zwei Optionen: Entweder müsste die Anhörung früher stattfinden – etwa Ende Januar. "Oder es könnte ein weiterer Sitzungstag in der Woche vom 10. Februar anberaumt werden", erklärte sie. Letzteres hält auch die Grünen-Rechtspolitikerin Canan Bayram nicht für ausgeschlossen. Sie kämpfe dafür und glaube daran, dass die Abgeordneten ihrer Verantwortung für das Thema gerecht würden, sagte Bayram der dpa.