Gesetzentwurf: Kinder sollen besser gegen sexualisierte Gewalt geschützt werden

Besserer Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt durch schärfere Strafen, effektive Strafverfolgung, Prävention und Qualifizierung der Justiz. Das sind die Kernpunkte eines Referentenentwurfs, der am 31.08.2020 vom Bundesjustizministerium veröffentlicht wurde. Der Entwurf setzt das Reformpaket um, das Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am 01.07.2020 vorgelegt hat.

Hochstufung zum Verbrechen

“Sexualisierte Gewalt gegen Kinder“: Die Straftatbestände des sexuellen Missbrauchs von Kindern sollen mit diesem Begriff gesetzlich neu bezeichnet werden, um das Unrecht der Taten klar zu beschreiben. Der Grundtatbestand der sexualisierten Gewalt gegen Kinder soll künftig ein Verbrechen sein, mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe (bisher als Vergehen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht). 

Strafverschärfung bei Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie

Auch die Verbreitung, der Besitz und die Besitzverschaffung von Kinderpornografie sollen zum Verbrechen hochgestuft werden. Für die Verbreitung von Kinderpornografie sieht der Entwurf Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor (bisher drei Monate bis fünf Jahre). Besitz und Besitzverschaffung sollen mit Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu fünf Jahren geahndet werden (bisher bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe). Auch das gewerbs- und bandenmäßige Verbreiten soll künftig mit Freiheitsstrafe von zwei bis 15 Jahren geahndet werden können (bisher sechs Monate bis zehn Jahre).

Späteres Einsetzen der Verjährungsfrist

Eine Änderung gibt es auch bei Taten mit oder vor Dritten: Die §§ 174 bis 174c StGB (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und in Abhängigkeitsverhältnissen) sollen um Handlungen mit oder vor Dritten erweitert werden. Bei der Herstellung kinderpornografischer Inhalte, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, soll die Verjährungsfrist erst mit Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers beginnen.

Prävention und Qualifizierung der Justiz

Des weiteren sollen laut Gesetzentwurf Qualifikationsanforderungen für Familien- und Jugendrichter, Jugendstaatsanwälte sowie Verfahrensbeistände von Kindern gesetzlich geregelt und damit konkreter und verbindlicher gefasst werden. Auch soll die persönliche Anhörung von Kindern in Kindschaftsverfahren – unabhängig von ihrem Alter – grundsätzlich vorgeschrieben werden. Um Kinder und Jugendliche umfassend zu schützen, sollen außerdem die Fristen für die Aufnahme von relevanten Verurteilungen in erweiterte Führungszeugnisse erheblich verlängert werden.

Effektive Strafverfolgung durch Telekommunikationsüberwachung

Bei schwerer sexualisierter Gewalt gegen Kinder soll die Anordnung von Untersuchungshaft unter erleichterten Voraussetzungen möglich sein. Auch soll die Telekommunikationsüberwachung künftig auch bei Ermittlungen wegen Sichverschaffens oder Besitzes von Kinderpornografie möglich sein. Und darüber hinaus soll bei sämtlichen Formen der schweren sexualisierten Gewalt gegen Kinder sowie der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte künftig eine Onlinedurchsuchung angeordnet werden können. Länder und Verbände können bis zum 14.09.2020 zu dem Entwurf Stellung nehmen.

Redaktion beck-aktuell, 1. September 2020.