Gesetzentwurf für besseren Schutz von Hinweisgebern veröffentlicht

Hinweisgeber sollen künftig besser vor Repressalien wie beispielsweise Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, Rufschädigung oder Mobbing geschützt werden. Das Bundesministerium der Justiz hat dazu heute einen Referentenentwurf veröffentlicht. Danach müssen Beschäftigungsgeber künftig interne Meldestellen einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Daneben solle eine zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz eingerichtet werden. 

Umsetzung der EU-Hinweisgeberschutzrichtlinie

Laut Ministerium dient der Referentenentwurf er Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzrichtlinie). Die Richtlinie sei bis zum 17. Dezember 2021 in den Mitgliedstaaten umzusetzen gewesen. Das Bundesministerium der Justiz (und für Verbraucherschutz) habe bereits im Dezember 2020 einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in Deutschland in die Ressortabstimmung gegeben. Er habe allerdings wegen des Widerspruchs damals unionsgeführter Ressorts nicht veröffentlicht werden können.

Weiter persönlicher Anwendungsbereich

Geschützt seien Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können nach der geplanten Neuregelung neben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Beamtinnen und Beamten beispielsweise auch Selbstständige, Anteilseignerinnen und Anteilseigner oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieferanten sein. In den sachlichen Anwendungsbereich sollen insbesondere Verstöße einbezogen werden, die strafbewehrt seien sowie bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib, Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane diene.

Einrichtung interner und externer Meldestellen

Institutionelles Kernstück des Hinweisgeberschutzsystems seien die internen und externen Meldestellen, die hinweisgebenden Personen für eine Meldung von Verstößen zur Verfügung stünden. Entsprechend den Vorgaben der zugrundeliegenden Richtlinie seien hinweisgebende Personen frei darin, für ihre Meldung die internen oder sogleich die externen Stellen zu wählen. Die internen und externen Meldestellen sollen die eingegangenen Meldungen prüfen und die erforderlichen Folgemaßnahmen ergreifen. Beschäftigungsgeber müssten interne Meldestellen einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Die Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen betreffe sowohl die Privatwirtschaft als auch den gesamten öffentlichen Sektor, sofern bei der jeweiligen Stelle in der Regel mindestens 50 Personen beschäftigt seien. Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten sollen für die Einrichtung interner Meldestellen bis zum 17.12.2023 Zeit haben und mit anderen Unternehmen zusammen eine gemeinsame Meldestelle betreiben können. Die Einrichtung von internen Meldestellen solle den Unternehmen auch dadurch erleichtert werden, dass Dritte als interne Meldestellen beauftragt werden oder diese innerhalb des Konzerns zentral bei der Konzernmutter angesiedelt werden können.

Zentrale externe Meldestelle beim Bundesamt für Justiz

Eine zentrale externe Meldestelle solle beim Bundesamt für Justiz (BfJ) eingerichtet werden. Daneben sollen die bestehenden Meldesysteme bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie beim Bundeskartellamt als weitere externe Meldestellen mit Sonderzuständigkeiten weitergeführt werden. Die externe Meldestelle des Bundes beim BfJ solle mit einer Bund-Länder-übergreifenden Zuständigkeit ausgestattet werden, die sowohl den öffentlichen Sektor als auch die Privatwirtschaft betreffe. Der externen Meldestelle des Bundes solle darüber hinaus die Aufgabe zukommen, Personen, die eine Meldung erwägen, umfassend über die zur Verfügung stehenden Verfahren zu informieren und zu beraten. Den Ländern stehe es frei für Meldungen, die die jeweilige Landesverwaltung und die jeweiligen Kommunalverwaltungen betreffen, eigene externe Meldestellen einzurichten.

Informationen an die Öffentlichkeit nur ausnahmsweise

Dass sich hinweisgebende Personen mit ihren Informationen an die Öffentlichkeit wenden dürfen, sei den Richtlinienvorgaben folgend nur unter engen Voraussetzungen vorgesehen. Dies gelte etwa bei der Gefahr irreversibler Schäden oder in Fällen, in denen die externe Meldestelle nicht die notwendigen Maßnahmen ergriffen habe.

Vertraulichkeitsgebot

Wesentlich für die Akzeptanz des Hinweisgeberschutzsystems sei ein wirksamer Schutz der Identität der hinweisgebenden und sämtlicher von einer Meldung betroffenen Personen. Die Identität dürfe dabei grundsätzlich nur den jeweils für die Bearbeitung einer Meldung zuständigen Personen bekannt sein. Informationen über die Identität einer hinweisgebenden Person oder einer Person, die Gegenstand einer Meldung sei, sollen nur in Ausnahmefällen herausgegeben werden dürfen, etwa in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden.

Keine Pflicht zur Bearbeitung anonymer Hinweise

Um der Gefahr einer Überlastung des neuen Hinweisgeberschutzsystems vorzubeugen und erste Erfahrungen sowohl interner als auch externer Meldestellen abzuwarten, sei keine Pflicht zur Bearbeitung anonymer Hinweise vorgesehen. Denn damit würden erhebliche zusätzliche Kosten für die notwendigen technischen Vorrichtungen einhergehen. Gleichwohl sollen anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber unter die Schutzbestimmungen fallen, wenn ihre zunächst verdeckte Identität bekannt wird.

Beweislastumkehr zugunsten der geschützten Person

Der Entwurf des HinSchG sehe entsprechend den Richtlinienvorgaben verschiedene Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen vor. Zentrales Element sei das Verbot von Repressalien. Hierzu würden alle ungerechtfertigten Nachteile wie beispielweise Kündigung, Abmahnung, Versagung einer Beförderung, geänderte Aufgabenübertragung, Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung, Rufschädigung oder Mobbing gezählt, die eine hinweisgebende Person infolge einer Meldung oder Offenlegung erleide. Um die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger zu verbessern, enthalte der Entwurf in Umsetzung der Richtlinie eine Beweislastumkehr zugunsten der geschützten Person.

Schadensersatzansprüche und Sanktionen

Der Entwurf des HinSchG enthalte zudem zwei spezielle Schadensersatzvorschriften: Zum einen sei nach der Neuregelung der hinweisgebenden Person bei einem Verstoß gegen das Repressalienverbot der daraus entstehende Schaden zu ersetzen. Zum anderen sei im Falle einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Falschmeldung die hinweisgebende Person zur Erstattung des dadurch eingetretenen Schadens verpflichtet. Verstöße gegen die wesentlichen Vorgaben des HinSchG sollen als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße geahndet werden können. Dies gelte beispielsweise für das Behindern von Meldungen oder das Ergreifen von Repressalien, aber auch das wissentliche Offenlegen unrichtiger Informationen.

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2022.