Ger­m­an­wings-Ab­sturz: Schmer­zens­geld­kla­gen Hin­ter­blie­be­ner ab­ge­wie­sen

Das Land­ge­richt Essen hat am 01.07.2020 Kla­gen meh­re­rer An­ge­hö­ri­ger von Op­fern des Ger­m­an­wings-Ab­stur­zes vor fünf Jah­ren in den fran­zö­si­schen Alpen auf ein hö­he­res Schmer­zens­geld ab­ge­wie­sen. Nach An­sicht des LG waren die Luft­han­sa und deren Flug­schu­le die fal­schen Kla­ge­adres­sa­ten. Die Ent­täu­schung bei den An­ge­hö­ri­gen über das Ur­teil war groß.

LG: Fal­sche Kla­ge­geg­ner

Acht Hin­ter­blie­be­ne hat­ten die Luft­han­sa und deren Flug­schu­le auf ein hö­he­res Schmer­zens­geld ver­klagt. Nach An­sicht des LG han­del­te es sich aber um die fal­schen Kla­ge­adres­sa­ten. Zur Frage einer Haf­tung der Flug­schu­le sagte Rich­ter Lars Theis­sen: "Nie­mand käme auf die Idee, den Fahr­leh­rer, der die Über­land­fahr­ten be­glei­tet hat, in die Pflicht zu neh­men, wenn ein Au­to­fah­rer Jahre spä­ter in den Ge­gen­ver­kehr fährt." Und auch die Luft­han­sa war nach An­sicht der Es­se­ner Rich­ter der fal­sche Adres­sat die­ser Klage.

Me­di­zi­ni­sche Über­prü­fung von Pi­lo­ten Auf­ga­be des Staa­tes

Na­tür­lich könne es sein, dass bei der Er­tei­lung der Flug­li­zenz für den frü­her an De­pres­sio­nen lei­den­den Co-Pi­lo­ten Feh­ler ge­macht wur­den. "Die Ärzte könn­ten etwas über­se­hen haben, bei den Un­ter­su­chun­gen könn­te es Feh­ler ge­ge­ben haben", so Theis­sen. Für sol­che wäre aber aus Sicht der Kam­mer die Flug­ge­sell­schaft nicht ver­ant­wort­lich. Denn: "Die Flug­si­cher­heit ist eine staat­li­che Auf­ga­be, die dem Luft­fahrt­bun­des­amt über­tra­gen wor­den ist. Es ist Auf­ga­be des Staa­tes, für trag­fä­hi­ge und wirk­sa­me Re­geln zu sor­gen."

Frage nach wei­te­ren Schul­di­gen of­fen­ge­las­sen

Man könne sich einen Schul­di­gen nicht ein­fach aus­su­chen, sagte Theis­sen. Die 16. Zi­vil­kam­mer des LG ließ die Frage offen, ob es neben dem Co-Pi­lo­ten, der die Ma­schi­ne auf dem Weg von Bar­ce­lo­na nach Düs­sel­dorf in den fran­zö­si­schen Alpen ab­sicht­lich gegen einen Berg ge­steu­ert haben soll, über­haupt noch einen an­de­ren Schul­di­gen gibt. "Ein Zi­vil­pro­zess ist kein Un­ter­su­chungs­aus­schuss", be­ton­te Theis­sen.

Opfer-An­ge­hö­ri­ge ent­täuscht

Bei den Opfer-An­ge­hö­ri­gen kamen die Worte der Rich­ter nicht gut an. Einer der Klä­ger hatte bei dem Ab­sturz der Ger­m­an­wings-Ma­schi­ne seine Toch­ter, deren Part­ner und einen Enkel ver­lo­ren. Er rang um Fas­sung, als er nach der Ur­teils­ver­kün­dung des LG Essen um einen Kom­men­tar ge­be­ten wurde. "Ich bin schwer ent­täuscht und muss das erst ein­mal ver­ar­bei­ten", sagte der Opfer-An­ge­hö­ri­ge. "Es ist doch klar, dass hier Men­schen ihre Ar­beit nicht rich­tig ge­macht haben. Ich er­war­te noch immer Ge­rech­tig­keit vom deut­schen Staat." Deut­lich kri­ti­sier­te er auch die Worte, die Rich­ter Lars Theis­sen zur Be­grün­dung sei­nes Ur­teils ge­wählt hatte.

Wei­te­re Schrit­te der Hin­ter­blie­be­nen noch un­klar

Wie die kla­gen­den Hin­ter­blie­be­nen nun wei­ter vor­ge­hen, ist noch nicht klar. Sie könn­ten gegen das LG-Ur­teil Rechts­mit­tel ein­le­gen oder eine neue Klage gegen die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land an­stren­gen.

LG Essen, Urteil vom 01.07.2020

Redaktion beck-aktuell, 2. Juli 2020.

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